II. Abschnitt: Die Verf.-Urkunde des Deutschen Reiches. 29
Artikel 70.
Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die
aus den Zöllen und gemeinsamen Steuern, aus dem Eisenbahn-, Post= und
Telegraphenwesen sowie aus den übrigen Verwaltungszweigen fließenden ge-
meinfchofklichen Einnahmen. Insoweit die Ausgaben durch diese Einnahmen
nicht gedeckt werden, sind sie durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach
Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche in Höhe des budgetmäßigen
Betrages durch den Reichskanzler ausgeschrieben werden.
Gesetz vom 14. Mai 1904 S. 169 und vom 3. Juni 1906 S. 620.)
Artikel 71.
1. Die gemeinschaftlichen Ausgaben werden in der Regel für ein Jahr
bewilligt, können jedoch in besonderen Fällen auch für eine längere Dauer
bewilligt werden.
2. ährend der im Art. 60 normierten Uebergangszeit ist der nach Titeln
geordnete Etat Über die Ausgaben für das Heer dem Bundesrate und dem Reichstage
nur zur Kenntnisnahme und zur Erinnerung vorzulegen (Sten. Ber. 67 II, S. 283.)
(Dieser 2. Absatz war nur eine tranfitorische Bestimmung; wird nun wie der
Haupt-Etat behandelt.)
Artikel 72.
Ueber die Verwendung aller Einnahmen des Reichs ist durch den
Reichskanzler dem Bundesrate und dem Reichstage zur Entlastung jährlich
Rechnung zu legen.
Artikel 78.
In Fällen eines außerordentlichen Bedürfnisses kann im Wege der
Reichsgesetzgebung die Aufnahme eine Anleihe, sowie die Uebernahme einer
Garantie zu Lasten des Reichs erfolgen.
Schlußbestimmung zum XII. Abschnitt.
Auf die Ausgaben für das Bayerische Heer finden die Artikel 69
und 71 nur nach Maßgabe der in der Schlußbestimmung zum XI. Abschnitt
erwähnten Bestimmungen des Vertrages vom 23. November 1870 und der
Art. 72 nur insoweit Anwendung, als dem Bundesrate und dem Reichs-
tage die Ueberweisung der für das Bayerische Heer erforderlichen Summe
an Bayern nachzuweisen ist.
XIII. Schlichtung von Streitigkeiten und Strafbestimmungen.
Artikel 74.
Jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität, die Sicherheit oder die
Verfassung des Deutschen Reichs, endlich die Beleidigung des Bundesrates, des Reichs-
tages, eines Mitgliedes des Bunde#rates oder des Reichstages, einer Behörde oder eines
öffentlichen Beamten des Reichs, während dieselben in der Ausübung ihres Berufes
begriffen sind oder in Beziehung auf ihren Beruf, durch Wort, Schrist, Druck, Zeichen,
bildliche oder andere Darstellung, werden in den einzelnen Bundesstaaten beurteilt und
bestraft nach Maßgabe der in den letzteren bestehenden oder künftig in Wirksamkeit
tretenden Gesetze, nach welchen eine gleiche gegen den einzelnen Bundesstaat, seine