Russischer Feldzug von 1812. 97
rettenden Ausgang. Die Handvoll Sachsen, die sich noch an
Thielmann hielten, standen sechs bis sieben Stunden eingekeilt
in das fürchterliche Gedränge, gleich unfähig sich vor= oder rück-
wärts zu bewegen, ehe zuletzt noch den meisten der Übergang
glückte; fünf bis sechs Offiziere schwammen auf ihren Pferden
durch den von Leichen und Eisschollen gestopften Fluß, Tags
darauf stießen zu ihnen noch fünf vom Regiment Johann, das
mitsamt der Division Partonneaux umzingelt und gefangen
worden wckr. Die letzte bewaffnete Abtheilung, welche die Brücke
überschritt, war die Brigade Duvilliers, ihr letzter Trupp, vom
Regiment v. Low, mußte auf Befehl des Generals Eblé mor-
gens gegen 6 Uhr die auf dem Wasser aufliegenden zusammen-
gefrornen Balken und Bohlen mit dem Bajonett aufheben.
Aber auch diese noch in militärischer Haltung gebliebenen Ab-
theilungen zerschmolzen während der nächsten Tage. Am
4. December mußten sich die beiden die Nachhut bildenden
Regimenter in einem Gefecht bei Molodezno opfern; von sechzig
Mann kamen nur sechzehn dienstfähige daraus zurück. Was
noch von den Sachsen lebte, erreichte den 13. December den
Niemen, am 20fsten Königsberg, von wo es durch Oberst
v. Lessing nach Sachsen zurückgeführt wurde.
Obgleich dem 7. Armeecorps dieses Außerste erspart
blieb, so wurde doch auch ihm ein volles Maß der härtesten
Leiden zu Theil. Die Rast am Ufer des Bug nahm Ausgang
October ein plötzliches Ende, als sich durch die dichten Wolken
leichter Reiterei hindurch, mit denen der Feind seine Bewe-
gungen verhüllte, erkennen ließ, daß Tschitschagoff mit der
Hauptmacht gegen Slonim und Minsk abgezogen sei um
Wittgenstein die Hand zu bieten und nur 15000 Mann
unter Sacken bei Brzese zurückgelassen habe. Die Vereitelung
dieser Absicht erschien Reynier so wichtig, daß er den Entschluß
faßte, ohne sich um Sacken, um seine Rückzugslinie und um
Warschau zu kümmern, zum drittenmale über den Bug zu
gehen, wodurch er sich zugleich der zu seiner Unterstützung
herankommenden Division Durutte näherte, um Schwarzen-
berg zu folgen, der ebenfalls Tschitschagoffs Narsch gegen
blathe, Neuere Geschichte Sachsens.