Warschau's Schicksal. Napolcons Rllstungen. 105
er bot als Entschädigung dafür Sachsen an, das in Folge
seines bisherigen Benehmens als erobertes Land behandelt,
dessen König anderwärts, vielleicht in Italien, entschädigt
werden solle. Hardenberg wies zwar den Vorschlag nicht
direct von der Hand, die Hauptsache aber schien ihm für den
Augenblick die Besiegung des gemeinsamen Feindes, die preu-
bische Entschädigung blieb im Ungewissen 1), und am 28. Fe-
bruar unterzeichnete Scharnhorst zu Kalisch jenen denkwürdigen
Vertrag, durch welchen sich Alexander aufs feierlichste verpflich-
tete, die Waffen nicht niederzulegen, bevor nicht Preußen in
den Machtrerhältnissen vor 1806 und in wohlabgerundeten
Grenzen wiederhergestellt sei, und zu diesem Zwecke alle die
Gebiete zu verwenden, die im nördlichen Deutschland verfüg-
bar werden würden, mit Ausnahme der alten Besitzungen des
Hauses Hannover. Hilfebedürftig wie es war, ließ es also“
Preußen geschehen, daß Rußland sich des ehemals preußischen
Polens bemächtigte, während es selbst mit unbestimmten Ver-
beißungen abgefunden wurde. Scharnhorst gab sich die erdenk-
liche Mühe, die russischen Heere vorwärts zu bringen um in
raschem Ansturm einen möglichst großen Theil Deutschlands
für den gemeinsamen Kampf zu gewinnen und den Schauplatz
des Krieges nach dem Rhein hin zu verlegen, aber alle seine
Bemühungen scheiterten theils an der Schwäche, theils an der
Unlust der Russen.
Durch diese Zögerungen erhielt Napoleon die Möglichkeit,
statt am Rhein schon an der Elbe seinen Gegnern die Stirn
zu bieten und, sobald er im Felde erschien, selbst die Offensive
zu ergreifen. Die Kraft und der Stolz des Riesen schienen
durch den ungeheuren Schlag von 1812 kaum berührt. Sein
Erstes nach seiner Ankunft in Paris war, daß er den General
Granier mit 35000 Mann alter Kerntruppen aus Italien an
die Elbe rief; schon am 9. Januar gieng der Haupttheil der-
selben in der Richtung auf Berlin durch Leipzig. An die
Rheinbundstaaten erließ er gemessene Befehle wegen Erneuerung
1) Pery, Steins Leben II, 301.
1812