138 Sachsen während des Befreiungskriegs von 1813.
urtheilte der Freiherr v. Stein; er erkannte sehr richrig, daß
auf Sachsens Beitritt in keiner Weise zu hoffen sei. In seiner
Antipathie gegen das Schwankende, Geschmeidige und Förmliche
des sächsischen Wesens, voll Haß gegen das Land, dem er die
Abtrünnigkeit von Preußen, die Annahme preußischer Gebiete
nicht vergeben konnte, überzeugt, daß diese aussichtslose Zögerung
der von ihm verfochtenen Sache nur zum Nachtheil gereiche,
war er mit der ganzen Leidenschaftlichkeit seines Charakters
gegen längere Schonung. Ja er fand sogar, daß die Zulas-
sung des Königs von Sachsen zu der großen Sache im allge-
meinen nicht von überwiegender Wichtigkeit sei, daß dadurch die
Benutzung der Hilfsquellen des Landes nur beengt und für
die großen Erfolge des Kriegs, die vielmehr von dem Schick-
sale der Heere und dem Beitritte Österreichs abhingen, sehr
wenig gewonnen werde; weit zweckmäßiger schien es ihm, die
Landesverwaltung in die Hand eines ständischen Ausschusses zu
legen, von dem sich ein entscheidenderer Gang als von der
Immediatcommission erwarten lasse 1). Er meinte, das Sachsen,
das 1806 an Napoleon 61 Millionen Thlr. bezahlt, monatlich
60000 Thlr. zur Unterhaltung der im Lande befindlichen
Hospitäler gegeben und 6000 Mann beim französischen Hcere
gehalten habe, könne jetzt bei seinem Einkommen von 7 Millionen
Thlr. recht wohl eine Kriegssteuer von 5 Millionen bezahlen,
von denen er eine Abschlagszahlung von einer halben Million
binnen zehn Tagen verlangte.
Wohlwollender benahm sich Winzingerore; er suchte den
übeln Eindruck von Blüchers Proclamation durch die Versiche-
rung zu verwischen, daß sie dem Sinn der alliierten Souveraine
keineswegs entspreche, daß von keiner Syrung der Staats-
verwaltung, keiner Besitznahme die Rede sein solle, sondern nur
die Befriedigung der Bedürfnisse für die Armee verlangt
werde, und verwendete sich für eine Verminderung der Re-
quisitionen. Auf seinen Wunsch jedoch, daß an den Kaeiser
Alexander ein Mitglied der Immediatcommission abgesandt
1) Stein an Nesselrode bei Pertz, Sieins Leban III, 328 ff.