Thielmann in Torgau. 145
ihm Fürst Wolkonski im Namen der verbündeten Monarchen
überbrachte. Sofort nach seiner Ankunft daselbst am Morgen
des 25sten hatte er eine zweistündige Audienz beim Kaiser
Alexander, welcher gegen das Ende auch der König von Preußen
beiwohnte. Bei letzterem erbat er sich noch eine besondere
Audienz, in welcher er zwar für seine Person sehr gnädig
aufgenommen wurde aber deutlich wahrnehmen konnte, daß die
bittere Erinnerung an Sachsens Verhalten seit der Schlacht
bei Jena noch nicht aus des Königs Gemüth verschwunden
sei. Eine Stunde später hatte er eine Conferenz mit Stein
und Boyen. Auf sein Ersuchen, gehörige Bedingungen zuzu-
gestehen, fuhr Stein auf: „Nun, Sie werden sich doch wohl
nicht bedenken und sich mit uns verbinden?“ „Ich bin kein
General York“, erwiderte Thielmann, worauf Stein mit den
Worten: „Mit dem ist nichts anzufangen“ sich umkehrte und
für den Augenblick die Unterredung abbrach 1). Da Thielmann
von seiner Berufung auf die Entscheidung des Königs nicht
abzubringen war, so wurde endlich beschlossen, den Obersten
d. Carlowitz an den König abzusenden mit dem durch Thiel-
manns Hinweis auf die immer bedenklicher werdende Stimmung
des Landes unterstützten Antrage, er solle sofort die Festung der
allgemeinen Sache dadurch utilisieren, daß eine bestimmte Er-
klärung erfolge, sie nicht gegen die Verbündeten, wohl aber
gegen Frankreich feindselig brauchen zu wollen; Sachsen solle
sofort unter selbst zu stellenden Bedingungen alle militärischen
Kräfte gegen den allgemeinen Feind wenden, widrigenfalls es
unter militärische Gesetze genommen und durch das Volk das-
jenige erlangt werden würde, was der König selbst nicht zu
thun gemeint wäre. Thielmann wohnte noch einer großen
russischen Parade bei, wobei er mit der höchsten Auszeichnung
behandelt wurde, und kehrte denselben Abend nach Torgau
zurück.
Dieser Verkehr des Generals mit den Verbündeten erregte
im Schooße der Immediatcommission, besonders bei den zu
1) Pertz, Steins Leben III, 327.
Fletbe, Naeuere Geschichte Sachsens. 10