Rückzug der Verbündeten über die Elbe. 103
dorf hitzige Gefechte zu bestehen, doch behielten die Verbündeten
Zeit in Dresden ihren Übergang über die Elbe zu bewerkstelligen
und die Brücken hinter sich zu verbrennen; unmittelbar hinter
ihnen besetzte Eugen die voll Bangigkeit ihres Schicksals harrende
Stadt. Auf die Nachricht hiervon eilte Napoleon von Wils-
druff herbei; vor dem Thore empfingen ihn zwei Mitglieder
der Immediatcommission und eine Deputation des Magistrats
mit der Bitte um Schonung der Stadt. „Habt Ihr Brod?“
herrschte er die Letzteren an; „es muß Brod, Wein und Fleisch
herbeigeschafft werden.“ 1) Ohne die Stadt zu berühren ritt er
nach dem pirnaischen Schlage und beobachtete in Begleitung
des Vicekönigs die am andern Ufer abziehenden Gegner; da
sich der übergang an dieser Stelle nicht ausführbar erwies,
eilte er nach dem unteren Ende der Stadt, Übigau gegenüber,
eine Abtheilung leichte Reiter, welche mittelst eines Kahnes
übersetzte, bemächtigte sich der am jenseitigen Ufer liegenden
noch glimmenden Trümmer der abgebrannten Floßbrücke und
des verlassenen Schlosses Ubigau. Sofort wurden Anstalten
getroffen um eine neue Brücke zu schlagen und während der
Nacht ununterbrochen mittelst Kahnes Truppen übergeführt,
die sich zum Schutz des Brückenbaues in Übigau verschanzten.
Sobald die Russen dieses Vorhaben am andern Morgen be-
merkten, suchten sie es durch starkes Tirailleur= und Kanonen=
feuer zu hindern, ihre ganzen Gegenanstalten litten jedoch sehr
fühlbar unter dem zwischen Wittgenstein und Miloradowitsch
ausgebrochenen Zerwürfniß und sie wurden durch die überlegene
Wirkung von hundert Geschützen, die Napoleon bei Brießnitz
auffahren ließ, vertrieben. Da jedoch der Bau der Floßbrücke
auf Schwierigkeiten stieß, so befahl Napoleon die gesprengte
Steinbrücke durch einen hölzernen Einbau schleunigst wieder
1) Odeleben, Napoleons Feldzug in Sachsen (2. Aufl. 1816), S. 66.
Nach Norvins, Porteleville I, 312 und Fain, Manuscrit de 1813
(Paris 1824) I, 373 ergoß er noch einen Schwall zorniger Worte über
die Deputation wegen des festlichen Empfangs, den die Stadt den ver-
bündeten Monarchen bereitet, und erklärte nur aus Liebe zu ihrem Könige
ihnen verzeihen zu wollen.
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