Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

170 Sachsen während des Befreiungskriegs von 1813. 
geläute durch die Reihen der in Parade aufgestellten Truppen 
in die Stadt und in das Schloß. Am Thore standen die 
Abgeordneten des Stadtraths; „Magistrat!“ redete der Kaiser 
sie an, „Liebt euren König! Seht in ihm den Retter Sach- 
sens! Wäre er seinem Worte weniger getreu, wäre er kein 
so redlicher Bundesgenosse gewesen, hätte er sich in die Mei- 
nungen Rußlands und Preußens verstricken lassen, so wäre 
Sachsen verloren gewesen; ich würde es als ein erobertes Land 
behandelt haben. Meine Armee wird durch Sachsen nur durch- 
marschieren und ihr werdet bald von den Beschwerden, die ihr 
jetzt zu ertragen habt, befreit werden. Ich werde Sachsen 
gegen alle meine Feinde vertheivigen und beschützen.“ Darauf 
speiste der Kaiser an des Königs Tafel in großer Gala, dann 
aber verlegte er seine Wohnung, um seine Zeit und die Schön- 
heit der Jahreszeit ganz ungestört genießen zu können, in ein 
Landhaus vor dem Thore?. 
Dieser Umschlag entschied nunmehr auch über das Schicksal 
von Torgau. Noch am 101en hatte Stein den General Thiel- 
mann brieflich beschworen die Festung nicht aus den Augen zu 
lassen, sondern sie als den Pivot zu betrachten, um den sich 
Preußens Existenz drehe, dessen Entsatz man daher vor allem 
im Auge haben werde; aber an demselben Tage erhielt Thiel- 
mann an der Mittagstafel sitzend den Befehl des Königs, 
Torgau dem General Reynier zu öffnen und die sächsischen 
Truppen von neuem unter dessen Befehle zu stellen. Ruhig 
beendete Thielmann die Mahlzeit, abends machte er den Ober- 
offizieren den Befehl bekannt, erklärte, daß er denselben befolgen, 
seinerseits aber das Commando niederlegen und Torgau ver- 
lassen werde; nachdem er das Commando dem nächstältesten 
General v. Steindel übergeben hatte, verließ er die Festung 
1) Taggesell, Tagebuch eines dresdner Bürgers, S. 110. — 
Thiers XV, 537. Friedrich August in später bezichtigt worden, Napo- 
leon verrätherischerweise Enthüllungen über die Absichten des österreichischen 
Cabinets gemacht zu haben; der Ungrund dieser Anklage erhellt schon 
daraus, daß Napolcon dergleichen Enthüllungen damals gar nicht mehr 
bedurfte.
	        
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