Der 19. October 1813. 25
Müller gelangte zu Blücher, der, sofort erkennend, daß diese
Bitte um Schonung der Stadt nur dazu dienen solle, den
Franzosen Zeit zum Abzug zu verschaffen, denselben mit der
Antwort abfertigte, Leipzig habe von seinen Truppen keine
Plünderung zu besorgen. Auch die erste Deputation kam, da
das Gefecht schon in Gang war, nicht mehr durch das Thor, statt
ihrer gelangte ebenfalls nur ein Subalternbeamter, der Steuer-
einnehmer Wichmann, bis zu den Monarchen und dem Fürsten
Schwarzenberg und empfahl die Stadt der Großmuth der
Sieger. Bald nach ihm erschien der Oberst v. Ryssel 1), der
sich gegen Einsiedel freiwillig zu dieser Sendung erboten hatte;
außer der Bitte um Schonung der Stadt trug er den Mo-
narchen auch noch das Gesuch vor, daß die in Leipzig befind-
lichen Sachsen auf dem Markte vereinigt und nicht als Ge-
fangene betrachtet werden möchten. Da jedoch diese Deputierten
von keiner Militärbehörde autorisiert waren, so ließ man sich
auf nichts ein, Alexander versicherte nur seine Bereitwilligkeit
die Stadt nach Möglichkeit zu schonen und, da Ryssel auch um
Absendung einiger Offiziere behufs Unterhandlungen bat, so wurden
nach kurzem Bedenken der russische Generalmajor v. Toll und
der Flügeladjutant des Königs von Preußen, Oberstleutnant
v. Natzmer, an den König von Sachsen mit dem Auftrage ab-
gefertigt: „Von Unterhandlungen mit ihm könne, nachdem er
alle früheren Anträge zurückgewiesen, nicht mehr die Rede sein;
die Stadt werde man gern soviel wie möglich schonen, wenn
nämlich der Feind sie unverzüglich räume, auch die sächsischen
Truppen wolle man nicht feindlich behandeln, wenn der König
sie sofort aus dem Gefecht zurückziehe und man sie in einer
rückwärtigen Stellung mit zusammengestellten Gewehren fände.
Alexander fügte hinzu, er gebe dem König eine halbe Stunde
Bedenkzeit. Aber es vergieng mehr als diese Zeit, ehe nur
die Abgesandten zum König von Sachsen gelangten ).
1) der Bruder des Generalmajors.
2) Groß, Erinnerungen, S. 108 ff. — Bernhardi, Tolls Leben
III. 522f. — Aster L, 255 ff.
Flathe, Neuere Geschichte Sachsens. 15