König Friedrich August am 19. October 1813. 229
Auch jetzt noch waren sich weder der König selbst noch
seine Umgebung über den furchtbaren Ernst des Augenblickes
vollkommen klar. Eben in diesen Stunden bangen Wartens,
wo dem Könige bereits alle Macht der Selbstbestimmung ge-
nommen war, erörterte Graf Einsiedel in einer an den König
gerichteten Denkschrift umständlich die Frage, an welchem der
verbündeten Souveraine der König den natürlichsten Vertreter
seiner Interessen finden und an wen sich also das Ministerium
zu wenden haben werde? Sie läßt erkennen, wie sich die
Lage Sachsens im Kopfe seiner Staatsmänner abmalte. Frank-=
reich, führt sie aus, sei jetzt gezwungen, ihm völlige Freiheit
der Entschließung zu lassen, und die von dorther geäußerten
Wünsche müßten natürlich den Interessen des Königs nachstehen.
Diese aber beträfen zunächst die Integrität Sachsens, die bald-
miöglichste Herstellung der Regierung in ihrer Thätigkeit und
die Rettung und Zusammenziehung der versprengten Armee,
in zweiter Reihe das Verhältniß des Königs als Herzogs von
Warschau, die Modalität, welche an die Stelle des Rheinbunds
treten würde, endlich die Wünsche der Franzosen in Betreff
ihrer Lazarethe. Was die Stellung der einzelnen Souveraine
zu Sachsen angehe, so sei der Kronprinz von Schweden der
Einzige gewesen, der sich dem König freundlich genähert habe,
allein als Souverain stehe er den sächsischen Interessen unter
allen am fernsten. Noch ungewisser und zweifelhafter seien im
Augenblick die Absichten des Kaiser von Rußlands, dessen Ver-
wandtschaft mit dem Herzoge von Weimar sogar zu Befürch-
tungen Anlaß geben könnte, wenn letzterer nicht in dieser
Hinsicht beruhigende Grundsätze hätte blicken lassen; die even-
tuellen Ansprüche Rußlands auf das Herzogthum Warschau
würden aber unvermeidliche Erörterungen herbeiführen, wenn
man sich an ihn wenden wolle, gerade dies könnte aber im
gegenwärtigen Augenblick den wichtigsten Interessen nachtheilig
werden. Nicht minder zweideutig sei das Verhalten des Königs
von Preußen, welcher noch alten Groll zu nähren und sich
durch seine neuesten Erfolge zu den größten Ansprüchen berech-
tigt zu halten scheine, ja es dürfte vielleicht gerade von dieser