Belagerung von Dresden und von Torgau. 2.9
Dresden blokierte ein russisches Corps unter General Tolstoi,
das, nachdem es am 17. October durch einen Ausfall St. Cyrs
drei Stunden weit zurückgeworfen worden war, durch Klenau
verstärkt wurde. Am 23ten begann die Blokade aufs neue;
es wäre ein Leichtes gewesen den Platz mit Gewalt zu nehmen,
wenn nicht die Verbündeten aus Schonung für die Stadt es
vorgezogen hätten, ihn durch Hunger zu bezwingen. So mußte
denn außer der Garnison, unter der der Lazarethtyphus seine
Verheerungen anrichtete, auch die Einwohnerschaft alle Schreck-
nisse der Aushungerung über sich ergehen lassen, die durch die
Gewißheit der Befreiung des übrigen Deutschlands um so
bärter drückte ). Da die Lebensmittelvorräthe sehr bald zur
Neige giengen, so entschloß sich Graf Lobau zu dem Versuch
sich mit dem kampffähigen Theil der Garnison durchzuschlagen.
Am 6. November erfolgte der Ausfall auf der großenhainer
Straße, er kam aber nur bis Reichenberg. So blieb nur
noch Capitulation übrig; dieselbe wurde den 11. November
zu Herzogswalde zwischen Klenau's Generalstabschef Oberst
v. Rothkirch und dem Obersten Murawiew, französischerseits dem
Obersten Marion zugleich mit für den Sonnenstein abgeschlossen.
Die Garnison, bestehend aus 1 Marschall, 31 Generalen,
1759 Offizieren und 27714 Gemeinen, dazu 6051 Kranken,
sollte szegen das Versprechen in gegenwärtigem Kriege nicht
gegen die Verbündeten zu dienen nach Frankreich geführt werden.
Noch am nämlichen Tage kam der sächsische General v. Mel-
lenrin in die Stadt um das sächsische Heergeräth, sowie die
Aufsicht über die Kassen und Kunstschätze zu übernehmen. Allein
im großen Hauptquartier erhielt die Capitulation nicht die er-
wartete Ratification und St. Cyr wurde mit seinem Corps
kriegsgefan gen nach Mähren und Ungarn abgeführt.
Hartnäckiger und länger wehrte sich Torgau, wo der
tapfere Graf Narbonne commandierte. Es war ein eigen-
thümliches Zusammentreffen, daß die Sachsen, noch vor wenigen
Tagen zur Besatzung der Festung bestimmt, jetzt zur Bela-
1) Mittheilungen eines sächsischen Staatsmannes, S. 326.