v. üchtrih' Sendung nach Berlin. 259
durch eine wenigstens scheinbar offene Mittheilung an Repnin
den übeln Folgen der Entdeckung vorzubeugen. Dieser spielte
den Unwissenden und versprach strenge Untersuchung des Vor-
falls; versagte aber doch dem sächsischen Diplomaten die Er-
laubniß zur Weiterreise, bevor er nicht dazu aus dem Haupt-
quartier ermächtigt sei. Auch verhehlte er keineswegs seine
Mißbilligung über den Versuch durch eine hinter Rußlands
und Preußens Rücken mit Österreich angesponnene Intrigue
das gute Einvernehmen der verbündeten Mächte zu stören; er
tadelte heftig die ohne Genehmigung des Generalgouvernements
erfolgte Sendung Watzdorfs nach Frankfurt, die unberufene
Eimmischung Senffts, dessen polnische Politik ihm den besonderen
Haß der Russen zugezogen hatte, und ebenso die, wie er be-
hauptete, ihm recht wohl bekannten geheimen Umtriebe, die
ron Berlin aus in Sachsen angestiftet worden seien, die die
Sache des Königs nur verderben könnten und die er nicht
länger zu dulden entschlossen sei. Sachsen werde, nach einer
ihm soeben zugegangenen Versicherung seines Kaisers, nicht ein
Dorf verlieren. Der König könne nichts Besseres thun als
sich ganz und ausschließlich dem Kaiser Alexander in die Arme
zu werfen, der in diesem Augenblicke allein über Sachsens
Schicksal entscheide; sächsische Unterhändler im Hauptquartier
aber, die sich die Miene gäben, Rußland durch Osterreichs
Einfluß die Hände binden zu wollen, würden nur das Mißtrauen
des Kaisers erwecken; dagegen werde es gewiß einen guten
Eindruck machen, wenn der König als Zeichen seines Vertrauens
die Festung Königstein, den einzigen noch in seiner Hand be-
findlichen Punkt in Sachsen, freiwillig in die Hand des Kaisers
geben wolle. Mit diesem Rathe entließ er endlich seinen Ge-
fangenen nach Berlin gegen das Versprechen, die Rückreise über
Dresden nehmen zu wollen 7).
Dieser Zwischenfall zerstörte die von Senfft ungeschickt genug
eingefädelten Machinationen und brachte begreiflicherweise an
1) üchtrit' Bericht im Auszug abgedruckt in: Grenzboten 1870
II, 169 ff.
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