260 Das fremde Gouvernement und der wiener Congreß.
dem Hofe des gefangenen Königs große Bestürzung hervor.
Einsiedel beeilte sich die von Senfft gethanen Schritte zu des-
avouieren und stellte die ihm schuldgegebenen Umtriebe in
Sachsen bestimmt in Abrede, und König Friedrich August erbot
sich nicht nur brieflich gegen den russischen Kaiser zur Ein-
räumung des Käönigsteins sondern suchte auch dessen Vermittlung
behufs Abberufung des sächsischen Gesandten in Paris, Baron
Just, nach, mit dem die directe Verbindung unterbrochen war.
Deshalb hörten jedoch die bisherigen Bestrebungen durchaus
nicht auf; man hütete sich öffentlich um Osterreichs Protection
zu werben um sie insgeheim desto eifriger zu suchen. Graf
Schulenburg, der sich in Prag aufhielt, erbot sich aus freien
Stücken als geheimer Agent zum Kaiser Franz zu gehen.
Unterdessen erfolgte der Einzug der Verbündeten in Paris und
der König versäumte um so weniger den Monarchen zu diesem
Ereignisse seine Glückwünsche darzubringen, als ihm die Zurück-
führung der Bourbonen von der günstigsten Vorbedeutung für
sein eigenes Geschick schien, erhielt aber hierauf so wenig eine
Antwort wie auf das frühere Schreiben. In der That stand
es in Paris um die Aussichten des Königs von Sachsen sehr
übel. Dem Freiherrn v. Stein galt es als ausgemachte Sache,
daß Preußen für das an Rußland zu überlassende Polen in
Deutschland und zwar vornehmlich durch Sachsen zu entschädigen
sei, dessen König anderwärts, am besten in Italien abgefunden
werden könne 1); ein ernstlicher Widerspruch dagegen erhob sich
von keiner Seite, aber Hardenberg sowohl als Alexander, jener
aus Unbedacht, dieser im Gefühle seiner Macht, versäumten
beide die Überlassung Polens und Sachsens zur Bedingung
ihrer Einwilligung zu den von Osterreich und England ver-
langten Gebietsänderungen in Italien und den Niederlanden
zu machen, und es stellte sich sehr bald heraus, daß die polnische
und die sächsische Frage sich in Paris nicht ins Reine bringen
ließen.
Das fortdauernde Schweigen der Souveraine, verbunden
1) Pery, Steins Leben IV, 15.