Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

268 Das fremde Gouvernement und der wiener Congreß. 
Hofwirthschaft aber für deren Werth durch Deposition von 
Staatspapieren sicher zu stellen. Die Auszahlung der Zinsen 
von den Staatspapieren, die der König mit sich genommen 
hatte, wurde zwar nicht gehindert; je weniger aber Aussicht 
vorhanden war von seiten der Verbündeten genügende Mittel 
zum Unterhalte des Hofes und zur Bezahlung der entlassenen 
Beamten zu erhalten, desto lieber benutzte der König das ihm, 
Januar 1815, von dem Könige von Frankreich gemachte Aner- 
bieten ihn mit Vorschüssen zu unterstützen, indem er um ein 
Darlehen von monatlich 100000 Frcs. bat. 
Je länger aber die Entscheidung über das Schicksal des 
Königs sich hinauszog, ein desto tieferer Umschwung gieng in 
der Stimmung des sächsischen Volkes vor. Unmittelbar nach 
der Schlacht bei Leipzig, wo der Jubel über die Befreiung 
vom französischen Joche jedes andere Gefühl zurückdrängte, wo# 
alles wetteiferte seinen guten Willen für die gemeinsame Sache 
zu bethätigen, sahen die Meisten in der Gefangenschaft des 
Königs ein selbstverschuldetes Unglück, das um so gelassener 
ertragen wurde, als jedermann von dem Frieden die Wieder- 
herstellung desselben erwartete. Als aber diese Voraussetzung 
sich nicht erfüllte und dafür die Absichten Preußens auf Sachsen 
immer deutlicher hervortraten, da weckte die von Alters her 
eingesogene Abneigung gegen diese Macht das sächsische Selbst- 
gefühl, die tiefgewurzelte Anhänglichkeit an die Dynastie, an 
die Person des Königs, die Erinnerung an die lange segens- 
reiche Regierung, die Sachsen diesem verdankte, lebte wieder 
auf, man vergaß, wie oft früher die Schwerfälligkeit und die 
verrosteten Formen des sächsischen Staatswesens beseufzt worden 
waren; der anfängliche Groll gegen den König wegen seiner 
Hingebung an Napoleon verwandelte sich in Mitleid, in Sym- 
pathie mit seinem Unglück, bei Vielen sogar in Schwärmerei 
für den Märtyrer fremder Begehrlichkeit, und wie es überhaupt 
ein im Charakter des Deutschen begründeter Zug ist, daß er 
seinem angestammten Fürstenhause, mit dem er Jahrhunderte 
hindurch Freud und Leid getheilt hat, selbst dann nicht leicht- 
fertig den Rücken kehrt, wenn er dessen Politik nicht gutheißt,
	        
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