Stimmung des sächsischen Volles. 269
so war es unstreitig die große Mehrheit des sächsischen Volks,
welche die Erhaltung der Dynastie wünschte. Am wenigsten
Abneigung gegen die Aussicht preußisch zu werden legte der
Handels= und Gewerbstand an den Tag, doch setzte auch er
dabei die ungeschmälerte Erhaltung der sächsischen Nationalität,
der Verfassung und des Staatsvermögens voraus, am ent-
schiedensten für den König gestimmt waren die Beamten, die
Aristokratie und die Residenz, die ohne ihn zu einer Provinzial-
stadt herabzusinken fürchtete und wo die hochmüthige Zuversicht
der vielen französischen Kriegsgefangenen auf Napoleons Rückkehr
ansteckend wirkte. Man fing jetzt schon an das eben noch so
laut verwünschte Frankreich als den Hort der sächsischen Selb-
ständigkeit gegen die ungerechte Anmaßung der deutschen Brüder
anzusehen; auch die Anhänger des Herzogs von Weimar schlugen
sich wieder zu den königlich Gesinnten, seitdem sie ihre anfäng-
lichen Pläne vereitelt sahen 1). Um die Mitte des Mai fand
sich eine große Zahl Landstände in Leipzig zusammen um dieser
Stimmung einen möglichst lauten und feierlichen Ausdruck zu
geben; ehe aber noch die Bittschriften, welche durch eine De-
putation den Monarchen überreicht werden sollten, unterzeichnet
waren, erschien eilends der Generalpolizeidirector v. Rosen aus
Dresden, sprengte die Versammlung und verfügte über die
Theilnehmer derselben Untersuchung. Die einmal in Fluß ge-
brachte Agitation kam jedoch deshalb nicht ins Stocken, sie
organisierte sich im Gegentheil, von Berlin und Prag aus
insgeheim aufgemuntert und durch die Symptome mangelnden
Einverständnisses zwischen den Verbündeten ermuthigt, immer
mehr. Eine Vorstellung der sieben erbländischen Kreise, des
Stifts Naumburg und der beiden Universitäten gelangte von
Leipzig an die Monarchen, die überreichung einer anderen vom
Oberkammerherrn v. Friesen verfaßten und von mehreren an-
gesehenen Landständen und den Magistraten von Dresden und
Bautzen unterschriebenen an den Kaiser Alexander verhinderte
Repnin; er wies vielmehr die Bittsteller auf die Vortheile
1) Pery IV, 39. 78. 240.