276 Das fremde Gouvernement und der wiener Congreß.
so eher übersehen, je weniger sich eine sittliche Berechtigung für
jene Verträge auffinden ließ. Bezeichnend aber ist, daß gerade
die beiden heftigsten von den gegen Preußens Absichten gerichte-
ten Schriften von Nichtsachsen, und noch dazu ziemlich aurüchigen,
herrühren. Verfasser der einen „Über die Vereinigung Sach-
sens mit Preußen“ war unter der Maske eines preußischen
Patrioten der göttinger Professor Sartorius, ein Lohnschreiber
im Dienste des hannsverschen Grafen Münster, der der anderen,
„Sachsen und Preußen“ mit dem Motto Suum cuique der
bairische Freiherr Chr. v. Aretin, der sich bisher als Ver-
götterer Napoleons, als Denunciant aller patriotischen Be-
strebungen und als fanatischer Gegner des Protestantismus
hervorgethan hatte. Nicht minder trat die in München unter
Montgelas' Auspicien erscheinende „Allemannia"“ als heftige
Gegnerin des in preußischem Sinne schreibenden „Rheinischen
Merkurs“ auf, wie denn überhaupt Baiern eine sehr rege
Theilnahme für den König von Sachsen zur Schau trug.
Zur Widerlegung dieser Vertheidigungen erschien von der
anderen Seite eine Reihe von Flugschriften, die sich haupt-
sächlich darauf stützten, daß die Einverleibung Sachsens nach
dem, was König Friedrich August gethan und insbesondere nach
den Kränkungen, die er Preußen zugefügt, gerecht, daß sie zur
Vervollständigung des Defensivsystems Deutschlands nothwendig
und auch für die Bewohner Sachsens selbst vortheilhaft sei;
selbst der Satz, daß das Aufhören der kleinen Staaten über-
haupt für jeden deutschen Patrioten wünschenswerth sei, wird
hier offen ausgesprochen :). Weitaus das Bedeutendste jedoch,
1) Als Antworten speciell auf v. Aretins Schrift erschienen vom Staats-
rath Hoffmann „Preußen und Sachsen“; etwas später auf Steins
und Hardenbergs Veranlassung von Varnhagen „Deutsche Ansicht der
Vereinigung Sachsens mit Preußen"“, ein schwaches Machwerk, und Eich-
born „An die Widersacher der Vereinigung Sachsens mit Preußens“. —
Den 19. December verlangte Einstedel in einer an den preußischen Mi-
nister v. d. Goltz gerichteten Note, daß nicht nur der weitern Verbreitung
der Schrift „Preußen und Sachsen“ Einhalt gethau sondern auch ähn-
lichen Schristen der Druck und Verkauf in Preußen verweigert werde,