Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

288 Das fremde Gouvernement und der wiener Congreß. 
„Metternich will nachgeben“, schrieb Gentz am 15. October 
in sein Tagebuch, „und er wird nachgeben“’1). 
Es war der Zeitpunkt, wo die Aussichten des Königs von 
Sachsen auf ihrer niedrigsten Ebbe angelangt waren; aber die 
Fluth begann sich schon zu heben. In einer Note an Harden- 
berg vom 22. October nahm Metternich die von England 
begonnene Opposition gegen Rußlands Ansprüche auf Polen 
auf und verband damit einen zwar im freundschaftlichsten Tone 
gehaltenen aber sehr unumwundenen Widerspruch gegen die 
Vergrößerung Preußens durch ganz Sachsen. „Er sei“, er- 
klärte er, „ermächtigt, sich mit Hardenberg und Castlereagh 
über die den Ansichten des britischen Cabinets zu gebenden 
Folgen zu verständigen. Die Absichten Preußens auf Sachsen 
bildeten für den Kaiser einen Gegenstand wahrhaften Bedauerns; 
ohne auf die Rechtsfrage eingehen zu wollen, müsse er zu 
seinem Schmerze sehen, daß eine der ältesten Dynastien Europas, 
die ihm selbst durch die engsten Familienbande nahe stehe, unter 
einem System der Wiederherstellung mit dem Verluste ihres 
ganzen Erbes bedroht sei, woraus dem Kaiser von vielen Seiten 
Vorwürfe erwachsen müßten; derselbe betrachte die gänzliche 
Vereinigung Sachsens als einen unausbleiblichen Keim des Miß- 
trauens gegen Preußen und der Anklage gegen Osterreich von seiten 
der deutschen Mächte. Der König von Preußen möge darum 
alle die Unzuträglichkeiten erwägen, die sich aus der Vereinigung 
des gesamten Sachsens mit Preußen ergeben müßten, und wie 
viele deren vermieden würden, wenn ein Theil des Königreichs, 
an der Grenze Böhmens, erhalten bliebe. Sollte jedoch die 
Vereinigung unvermeidlich sein, so müsse der Kaiser seine Ein- 
willigung dazu ausdrücklich an die Bedingung knüpfen, daß 
Preußen Süddeutschland bis zum Main, einschließlich Mainz, 
dem Einflusse Osterreichs überlasse, auch sich nicht bis auf das 
rechte Moselufer ausdehne"2), damit man nämlich dort Raum 
1) Gent' Tagebuch herausg. von Varnhagen (1861), S. 327. — 
—J0 #an Einsicdel, 19. October. Archiv für süchs. Geschichte 
2) Klüber VII, 19.
	        
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