300 Das fremde Gouvernement und der wiener Congreß.
Sinne bearbeitete, den Rückzug antrat; er erklärte, es komme
in dieser Angelegenheit weniger auf den Grundsatz an als auf
die Nothwendigkeit, der allgemeinen Zustimmung der Cabincte
nachzugeben, welche gegen die Vereinlgung Sachsens mit Preußen
sei, und sein Bruder, Lord Stewart, sprach es offen aus,
man werde sich jetzt bei der polnischen Sache beruhigen aber
desto nachdrücklicher auf der sächsischen bestehen 7).
Dem Kaiser Alexander eröffnete sich also die Möglichkeit
seine Ansprüche auf Polen befriedigt zu sehen, während die
Preußens auf Sachsen nach wie vor in der Luft schwebten.
Die Versuchung, seinen Bundesgenossen um diesen Preis im
Stich zu lassen, war stark. „Wenn ich mich nur nicht so weit
eingelassen hätte!“ rief er gegen Schwarzenberg aus, „aber
wie kann ich mich wieder losmachen? Sie sehen selbst, wie
die Sachen jetzt stehen, kann ich unmöglich zurück.“ 7) Die Ver-
legenheit trieb ihn zu einem dritten Versuche, Talleyrand in
Bezug auf Sachsen zur Nachgibigkeit zu stimmen; allein die
Unterredung, die er am 14. November mit ihm hatte, zeigte
nur aufs neue, wie weit ihm dieser an Feinheit des diplo-
matischen Spiels überlegen war. Polen, setzte ihm Talleyrand
auseinander, komme für Frankreich erst in zweiter Linie, in
erster die sächsische Frage; diese sei keineswegs bloß eine Fa-
milienfrage für das Haus Bourbon sondern es handle sich bei
ihr um das Interesse aller Könige, ja um Alexanders eigenen
Ruhm, der es ihm zur obersten Pflicht mache die Principien
zu beschützen, auf denen alle öffentliche Ordnung und Sicherheit
beruhe. Habe der König von Sachsen Verpflichtungen verletzt,
so sei nicht der Kaiser von Rußland sondern nur Osterreich,
gegen das jener sie eingegangen, berechtigt ihm daraus einen
Vorwurf zu machen, gerade dieses aber empfinde wegen der
in Bezug auf Sachsen gefaßten Projecte die lebhafteste Unruhe.
Wenn Frankreich einwillige, daß Preußen ein Stück von Sachsen
mit 3= bis 400000 Seelen erhalte, so sei das nur ein um
1) Pertz IV, 230. 254.
2) d’Haussonville. p. 377.