332 Das fremde Gouvernement und der wiener Congreß.
russischen Dienst mit dem preußischen vertauscht hatte 1), das
Corps, und da die Generalmajore v. Ryssel und v. Brause
kurz nach der Ankunft in Lüttich (10. April) seinem Beispiele
folgten, so befand sich bei dem ganzen sächsischen Corps kein
einziger sächsischer General mehr; die Obersten v. Zezschwitz
und v. Leyser führten das interimistische Commando. Als
Blücher 19. April nach Lüttich kam, hoffte er durch einen
Beweis des Vertrauens am leichtesten die Gemüther zu ge-
winnen; er nahm ausschließlich sächsische Truppen in sein
Hauptquartier, die Grenadiergarde und das 2. Linienregiment,
unglücklicherweise gerade diejenigen, wo die Offiziere absichtlich
den Geist der Auflehnung schürten, während bei der Karalerie
und Artillerie die Obersten v. Leyser und v. Raabe ehrlich
bemüht waren den militärischen Gehorsam aufrecht zu erhalten.
So standen die Dinge, als am 30. April General v. Grol-
mann dem Feldmarschall einen Befehl des Königs von Preußen
überbrachte, unverzüglich die sächsischen Regimenter, damit sie
sogleich nach Publication der Verträge am Kriege Theil nehmen
könnten, in zwei Brigaden zu sondern, die eine aus Denjenigen,
welche hauptsächlich aus Mannschaften der abzutretenden Pro-
vinzen beständen, die andere aus Denen, welche der Mehrzahl
nach den sächsisch bleibenden Landestheilen angehörten, den
Offizieren sei die Wahl der Brigade zu gestatten. Leider war
diese Maßregel in der angegebenen Weise factisch nicht wohl
ausführbar, da die im Drange der Noth gebildeten Regimenter
dazu viel zu gemischt waren, und deshalb glaubte Blücher
dahin Anordnung treffen zu müssen, daß die Sachsen nicht
regimenter- oder bataillonsweise sendern einzeln nach ihren
Geburtsorten geschieden würden. Diese beabsichtigte Zerreißung
der Regimenter empörte das militärische Gefühl und trieb die
von ihren Offizieren so unvorsichtig bearbeitete Infanterie zum
offenen Aufruhr. Eben befanden sich die Brigadiers und Re-
gimentscommandeure um die Einzelheiten der Ausführung zu
ordnen in Gneisenau's Hauptquartier, als plötzlich dichte Sol-
1) Seine weiteren Schidsale siehe bei Gretschel. Bülau III, 600.