Auseinandersetzung mit Preußen. 361
Sachsens wurde alle Nachrechnung niedergeschlagen, die gegen-
seitigen Ansprüche wegen Truppenverpflegung aus den Jahren
1805, 1806 und 1815 wurden compensiert, endlich machte sich
Preußen anheischig, bis 1829 jährlich 170000 Centner Salz
zu festem Preis an Sachsen zu liefern.
Diese Ausgleichung war aber weit entfernt eine Aussöhnung
mit Preußen zu bedeuten. Die durch die Zerreißung des Landes
hervorgerufene Erbitterung gieng durch alle Schichten der Be-
völkerung, sie erhielt aus den höchsten Kreisen der Gesellschaft
und des Beamtenthums, wo man den Argwohn nicht los wurde,
daß Preußen noch immer auf eine Versetzung des Königs von
Sachsen an den Rhein sinne, unablässig neue Nahrung und
beruhigte sich nur bei der Überzeugung, daß der Zustand der
Vergewaltigung nicht dauern könne, das Unrecht gefühnt werden
müsse 1). Haß gegen den räuberischen Nachbar bildete das
unerläßliche Kennzeichen für den loyalen Unterthanen. Bei dem
ersten Besuche, den der König von Preußtn dem sächsischen
Hofe seit der Theilung machte, 1. August 1819, war diese
gereizte Stimmung nahe daran in offene Kundgebungen aus-
zubrechen und alle gute Sachsen waren entzückt über Morlachi's
witzigen Einfall, das Tafelconcert in Pillnitz mit der Ourerture
zur Diebischen Elster zu eröffnen. Es hat des Absterbens der
Generation von 1815 und des unwiderstehlichen Einflusses
neuer Verhältnisse bedurft, um in Sachsen einer vorurtheils-
freieren Würdigung der Ursachen, welche das Unglück des Staates
verschuldet hatten, Raum zu schaffen. In mehr als einer
Beziehung aber hat jener Haß höchst verderblich gewirkt; er
vorzugsweise war die Ursache, daß die bonapartistische Gesinnung
sich so lange in Sachsen erhielt, daß den höheren Schichten, die
bei der Unterzeichnung der Bundesacte von Metternich dem
Geheimen Rath v. Globig gegebene Versicherung, dem öster-
reichischen Hofe werde die Sache des Königs von Sachsen nie
fremd sein, stets im Ohre klang und daß sie sich gewöhnten
1) (Eisentreterl, Geheime Geschichte der Theilung Sachsens (1818),
Einleitung.