Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

971 Sachsen von 1815-——1833. 
damalige Zeit immerhin viel, daß von 16815—1827 über 62 
Meilen Chausseen gebaut wurden, von deren Kosten die Stände 
¼), der König ¾ übernahmen, bis 1821 der jährliche Beitrag 
der ersteren auf 15000 Thaler bestimmt wurde. Schließlich, 
im Jahre 1830, kam selbst das für unmöglich Gehaltene, der 
Bau einer Muldenbrücke bei Wurzen, dem bis dahin die Ge- 
rechtsame der dortigen Fähren entgegengestanden hatten, zur 
Ausführung. Nicht bloß das Fuhrwesen entwickelte sich rasch 
sondern auch das Postwesen erfuhr ungeahnte Verbesserungen 
und im Jahre 1823 legte zum erstenmale der Eilwagen die 
Entfernung zwischen Dresden und Leipzig, zu welcher die ver- 
rufene gelbe Kutsche mindestens zwei Tage gebraucht hatte, 
mit gefährlich dünkender Geschwindigkeit in zwölf Stunden 
zurück 2½. 
Eins nur blieb so gut wie ganz unangetastet, die alte Ver- 
fassung, jene krause und wunderliche Mischung abgestorbener 
Formen und neuer Ideen, mittelalterlicher Feudalität und 
moderner Bureaukratie, die sich doch unmöglich auf die Dauer 
vertragen konnten. Hatte Sachsen bis zu Anfang des Jahr- 
hunderts vielen deutschen Staaten in mehr als einer Beziehung 
vorangeleuchtet, so stand es jetzt, seitdem diese, von der großen 
europäischen Erschütterung fortgerissen und zu rascher, mitunter 
gewaltsamer Umbildung des Veralteten gedrängt, die Grundzüge 
des Repräsentativsystems, Offentlichkeit und kräftigere Wirksam- 
keit der Ständeversammlungen sowie gute Gemeindeordnungen 
aufgenommen hatten, weit hinter ihnen zurück, im Kleinen ein 
Abbild dessen, was vor 1806 das deutsche Reich im Großen 
gewesen war. Das Beispiel dieser zeitgemäß verjüngten Staaten, 
3. B. des benachbarten Sachsen-Weimar, mußte daher auch in 
Sachsen den Wunsch wecken, den Staub der Jahrhunderte ab- 
1) Zu Gunsten der Post bestand noch 1834 die Vorschrift, daß ein 
mit Extrapost auf einer Station ankommender Reisender von einem 
Miethkutscher erst nach 48 Stunden weiter befördert werden durfte; auch 
war letzteren verboten, ihre Fahrten an feststehenden Tagen einzurichten 
und dieselben öffentlich bekannt zu machen.
	        
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