Aufruhr vom 17. April 1831. 41
So durch und durch morsch war das herrschende System
gewesen, daß es nur eines ganz leisen Stoßes bedurfte um es zum
Fall zu bringen; der Sieg der liberalen Ideen war mit ver-
hältnißmäßig geringfügigen Opfern erkämpft worden. Die
ersten unerläßlichen Straßenexcesse hatte der Pöbel besorgt; der
bürgerliche Mittelstand duldete sie um die Allmacht der Stadt-
räthe zu stürzen; schließlich bemächtigte sich die höchste Landes-
behörde, der Geheime Rath, der Bewegung um sie zum Sturz
der Cabinetsregierung und als Ausgangspunkt der für unaus-
weichlich erkannten Neugestaltung des Staatswesens zu benutzen.
Nur einmal noch versuchten es die rege gewordenen revolutio-
nären Leidenschaften den ruhigen Gang der gesetzlichen Reform
gewalrsam zu unterbrechen. In Dresden hatte sich, zunächst
aus Mitgliedern der ehemaligen Nationalgarde, deren Auf-
lösung am 4. December nicht ohne Widersetzlichkeit vor sich
gegangen war, ein Bürgerverein gebildet, der, obgleich ein
Sitz des beschränktesten Zunftgeistes, unter der Leitung etlicher
phantastischer Köpfe als seinen Zweck erklärte, der National-
garde für die ihr am 4. December „vor Europa, ja auch vor
anderen Welttheilen“ angethanen Beschimpfung Genugthuung zu
verschaffen, sich als politische Gewalt zu gerieren anfing, sogar
Bärgerrepräsentanten vorlud und dem wiederholten Befehle
der Auflssung trotzte. Winkelpressen verbreiteten aufreizende
Anschläge und eine ultrademokratische Constitution „wie sie das
sächsische Volk sich wünschte“ 1); als endlich zwei Mitglieder
wegen Verbreitung aufrührerischer Schriften verhaftet wurden,
brach, am 17. April 1831, der Aufruhr aus; ein bewaffneter
solchen Momenten ist jeder Rath unnütz; heute, wo die Dinge ent-
weder zur gänzlichen Niederlage der k#öniglichen Gewalt oder zur Rülcklehr
zur Orbdnung führen müssen, würden wir unser Stillschweigen als die
Bersäumniß einer heiligen Pflicht betrachten mllssen. Se. Maj. wollen
und können es nicht als möglich betrachten, daß die königliche Regierung
sich Gesetze durch einen ausgeregten Pöbel oder durch irre geführte Bürger
vorschreiben lasse.“ Portfolio (1836) II, 375.
1) mit dem Motto: „Und wird fle nicht gewährt, so pochen Wir
mit dem Flintenkolben an.“