Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

0 Sachsen von 1833—1848. 
Ritterschaft, da ihr die Criminalgerichtsbarkeit wegen ihrer 
Kostspieligkcit schon lange zur Last geworden war und jede 
wichtige Criminaluntersuchung daher von den Gerichtsherren 
als ein finanzielles Unglück angesehen wurde, auf diesen Antrag. 
zurück. Die Verfassung ließ die Frage wegen der Patrimonial- 
gerichtsbarkeit unberührt; wohl aber konnte man folgern, daß 
dieselbe, abgesehen davon, daß sie die Bildung geschlossener 
Bezirke hindere, überhaupt mit einer constitutionellen Ver- 
fassung unrereinbar sei, indem dadurch eines der wichrigsten 
Hoheitsrechte vom Staate getrennt sich in den Händen Ein- 
zelner befinde und Gegenstand des Eigenthums sei. Obgleich 
nun die Regierung die Zurücknahme der Patrimonialgerichts- 
barkeit an den Staat als höchst wünschenswerth erkannte, 
so wies sie roch den Gedanken die Abtretung derselben zu er- 
zwingen weit von sich; da es aber sehr zweifelhaft war, ob die 
Patrimonialherren sich freiwillig dazu verstehen würden, so legte 
sie, um wenigstens das Mögliche zu erreichen, den Ständen 
zwei Entwürfe zur Erklärung vor, einen durchgreifenden wegen 
völliger Aufhebung und einen schonenden wegen Reform der Patri- 
monialgerichte mittelst Einziehung der Criminalgerichtsbarkeit, 
und verneinte dabei die Frage, ob für das Aufzugebende Ent- 
schädigung zu gewähren sei. 
Über diese Entwürfe entspann sich ein heißer parlamenta- 
rischer Kampf und schließlich erfuhren sie in beiden Kammern 
ganz entgegengesetztes Schicksal. Die Majorität der ersten 
Kammer wollte von einem gänzlichen Aufgeben der Patri- 
monialgerichtsbarkeit durchaus nichts wissen; nicht nur würde 
durch Auflösung des patriarchalischen Verhältnisses zwischen 
Gerichtsherren und Gerichtsbefohlenen die Herrschaft einer 
Geldaristokratie befördert werden, sondern, da von den Unter- 
scheidungsmerkmalen der für den Charakter der ersten Kammer 
wesentlichen ächt aristoratischen Elemente des bevorrechtigten 
Grundbesitzes das eine, die Steuerfreiheit, jetzt verloren gehe, 
so sei es um so nothwendiger, das zweite, die Gerichtsbarkeit, 
zu erhalten. „Falle auch diese“, rief A. v. Carlowitz, „so höre 
damit der letzte ideale Anspruch auf einen Platz in der ersten
	        
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