Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

530 Sachsen von 1833—1848. 
dieses Referat seinen Ruf als gründlicher und freisinniger Jurist 
begründete, bekämpfte die Motive der Regierung durchweg aus- 
führlich und mit schlagenden Gründen, und mochte auch der 
Justizminister seinen Standpunkt mit noch so viel Ausdauer, 
Muth und Scharfsinn vertheidigen, mochte er sich sogar zu der 
bedenklichen Erklärung binreißen lassen, er werde in dieser 
Frage selbst dem vereinten Willen beider Kammern nicht weichen 
sondern nur seiner eigenen ÜUberzeugung folgen, es war unter 
den hervorragenderen Abgcordneten nicht einer, der sich nicht 
für Offentlichkeit und Mündlichkeit ausgesprochen hätte 1). Nach 
einer zehntägigen in den parlamentarischen Annalen Sachsens 
einzig dastehenden Debatte, in der vierzig längere Reden ge- 
halten worden waren, erlitt die Regierung eine vollständige 
Niederlage; fast einstimmig lehnte die Kammer den Entwurf 
ab und beantragte die Vorlegung eines anderen, auf den 
Grundsatz der Offentlichkeir, Mündlichkeit und des Anklage- 
processes mit Staatsamwaltschaft gebauten spätesteus bei nächstem 
Landtage, und als hierauf die Regierung ihren Entwurf mit 
der Erklärung zurückzog, „sie werde in Erwägung ziehen, ob 
und inwiefern ohne dem Hauptprincip des bisherigen Ver- 
fahrens Eintrag zu thun, eine unmittelbare Gestcilung des 
Angeschuldigten und der Zeugen vor dem erkennenden Gerichte 
einzuführen sei“, beschloß sic, ihre Beschlüsse als ständische An- 
träge an den König zu bringen, was jedoch, da eine kleine 
Majorität der ersten Kammer ihre Zustimmung versagte, nicht 
zur Ausführung kam. 
1) „Nimmt die Regierung“, sagte Georgi, „die Resormvorschläge an, 
sicher ist dann auf eine lange Zukunft hinaus die Angelegenheit damit 
abgethan und geregelt. Es ist aber meine feste Uberzeugung, daß, wenn 
sie in der Hauptsache noch zehn Jahre im bisherigen Zustande bleibt, 
weun sie dann gezwungen ist zu reformieren, das, was heute genügt, 
dann nicht mehr genügen wird; die Schwurgerichte werden dann viel 
lauter und ungestümer anklopfen als es heute noch der Fall ist. Es ist 
immer aufs neue die alte Wahrheit mit den sidyllinischen Büchern. Jide 
Behauptung eines Standpunlts,, der nicht mehr zu behaupten ist, straft 
sich früher oder später.“
	        
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