Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

564 Das Jahr 1848. 
Bundesgenossenschaft der hierdurch noch am ehesten zu zügeln- 
den radicalen Partei nicht scheute. Sogleich auf einen höheren 
als den bloß sächsischen Standpunkt sich stellend beschlossen die 
Stadtverordneten am 1. März in außerordentlicher Sitzung 
einstimmig dem Könige ihre auf die gemeinsamen großen In- 
teressen der Nation gerichteten Bitten um Reorganisation der 
Bundesverfassung, Preßfreiheit und Vertretung des deutschen 
Volkes beim Bunde vorzulegen. Der Stadtrath, obgleich 
überwiegend conservativ, schloß sich vom Strome ergriffen ein- 
stimmig an, eine Deputation beider Collegien begab sich fol- 
genden Tags mit der Adresse nach Dresden. Der König 
empfing dieselbe zwar, verhehlte aber seinen tiefen Schmerz 
über diese Kundgebung ungerechtfertigten Mißtrauens nicht und 
lehnte es ab auf den Inhalt der Adresse einzugehen, mit der 
die Vertreter Leipzigs sich offenbar zu einer Überschreitung ihrer 
Befugnisse hätten hinreißen lassen. Mit lautem Unmuthe nahm 
die der Rückkehr der Deputation harrende Menschenmenge des 
Königs abweisenden Bescheid auf, aber R. Blutn beschwichtigte 
sie durch das Versprechen, daß man nun direct auf Absetzung 
der Minister dringen werde. Wirklich gaben Stadtverordnete 
und Stadtrath unter Verwahrung ihrer Competenz das Votum, 
man müsse dem über die Tragweite der geschehenen Manifesta- 
tionen getäuschten Könige erklären, daß die Minister das Ver- 
trauen des Landes nicht besäßen, und schlossen sich dem von 
Brockhaus gestellten Antrage auf sofortige Berufung des Land- 
tags an. 
Bereits mit dem frühesten Morgen war eine zweite De- 
putation nach Dresden gegangen. Nach einem vergeblichen 
Versuche, v. Falkenstein, gegen den als Minister des Inneren 
die Mißstimmung sich vorzugsweise richtete, zum freiwilligen 
Rücktritte zu bewegen, erhielt sie vom Könige die Zusage der 
baldigen Einberufung der Stände. „)Nichts jedoch“, setzte der 
König hinzu, „wird mich bewegen von dem Wege abzugehen, 
den mir meine Verbindlichkeit als Mitglied des Deutschen 
Bundes und die Verfassung vorschreiben. Im Ubrigen vertraue 
ich, daß es dem Ansehen der Behörden, der Kraft und dem
	        
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