Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

572 Das Jahr 1848. 
burgischen Receßherrschaften vor. Hier, wo die Herrschaft der 
Besitzer sich trotz des vielen von ihnen gestifteten Guten und 
der oft großartigen Wohlthätigkeit des Fürsten Otto Victor 
von Schönburg-Waldenburg durch kleinliche Bevormundung und 
Begünstigung der Orthodoxie verhaßt gemacht hatte, griff eine 
tiefe Gihrung um sich. Da der Fürst die geforderte Aufhebung 
des Lehngeldes nicht sofort und unbedingt bewilligte, sollte eine 
große Volksversammlung zu Waldenburg der Forderung Nach- 
druck geben. Der Ausbruch war planmäßig ins Werk gesetzt. 
Ein tumultuarischer Haufe stürmte, 5. April, gegen das Schloß, 
verwüstete es auf vandalische Weise und steckte es in Brand, 
alles vor den Augen einer mit beispielloser Gleichgiltigkeit zu- 
schauenden Menge; kaum daß der Fürst durch eilige Flucht das 
Leben rettete. Die anwesenden Regierungscommissare wurden 
von der Menge überwältigt; überzeugt, daß das Schloß nicht 
mehr zu retten sei und darum vor der Verantwortlichkeit nutz- 
losen Blutvergießens zurückschreckend, wagten sie nicht von der 
aus der Nachbarschaft, freilich auch nur in ungenügender Stärke 
entbotenen bewaffneten Macht Gebrauch zu machen, trotzdem der 
commandierende Offizier sich das Schloß zu sichern erbot; etliche 
Gefangene mußten sogar der drohenden Menge wieder aus- 
geliefert werden. In Glauchau wurden ähnliche Greuel nur 
durch das mannhafte Dazwischentreten des Bürgermeisters 
Pfotenhauer verhindert. 
Mit Schrecken wurde man gewahr, welche gefährlichen und 
wilden Kräfte sich unter der vielgerühmten Gesittung des säch- 
sischen Volkes bargen. Um daher die für Aufrechterhaltung der 
gesetzlichen Ordnung interessierten Elemente für dieselbe in 
Thätigkeit zu setzen ordnete die Regierung, 11. April, die 
Bildung von Bürger--, richtiger Gemeindewehren im Anschluß 
an die Communalgarde an, die zugleich dem Entstehen ord- 
nungsloser Volkswehren vorbengen sollte. Die loyale Gesin- 
nung der dresdner und leipziger Communalgarden wurde durch 
Verleihung von Fahnen aus der Hand des Königs gestärkt. 
Vor allem aber lenkten jene Vorfälle das Augenmerk auf die 
Lage der arbeitenden Classen, die bei der im Gefolge der poli-
	        
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