Finanzen. Innere Reformen. Haß der Parteien. 587
wesens, desgleichen die des Justizwesens, für welche nur die
allgemeinen Grunysätze festgesetzt wurden, dem nächsten Land-
tage vorbehalten. Nur für Preßvergehen wurden schon jetzt
Geschwornengerichte provisorisch eingeführt und das Ministerium
ermächtigt, in einzelnen Fällen auch politische Vergehen durch
dieselben aburtheilen zu lassen. Trotz des abmahnenden Gut-
achtens des hächsten Gerichtshofs ließ sich Braun dabei zu dem
gewagten Experiment verleiten, die Geschworenen mittelst freier
allgemeiner Wahlen zu bilden und setzte dadurch das ganze
Institut einer gefährlichen Probe aus, die es nicht bestand.
Die zweite Kammer empfahl unter Zustimmung des Cultus-
ministers die Aufhebung der Stifter Meißen und Wurzen, der
ebenfalls beantragten Aufhebung der beiden lausitzer Klöster
standen die im Mai 1845 mit Oesterreich gewechselten Mi-
nisterialerklärungen !) und der lausitzer Particularvertrag im
Wege.
In ruhigen Zeiten unternommen, wären diese Reformen
ein Segen für ras Land geworden; jetzt, inmitten aufgeregter
Leidenschaften, wurden sie nur ein Zankapfel mehr für den
Haß der Parteien. Je tiefer sie in das Staatsleben ein-
schnitten, je größere Concessionen das Ministerium nach links
hin machte, desto eifriger suchten die Conservativen nach einem
Standpunkte, von dem aus sie dem rollenden Rade in die
Speichen fallen könnten. Ihr bitterster Haß richtete sich gegen
Oberländer, den sie beschuldigten durch sein Liebäugeln mit der
Demokratie die Revolution groß zu ziehen. Daß die Soli-
darität des Ministeriums, wenn sie je bestanden, stark im
Schwinden sei, daß Oberländer von seinen Collegen nur deshalb
nicht fallen gelassen werde, weil sie den demokratischen Schimmer
seines Namens nicht entbehren konnten, war ein öffentliches
1) Gegen das Versprechen Sachsens, daß das Domcapitel St. Petri
sowie die Klöster Marienstern und Marienthal wie bisher in ihren Rechten
und ihrer Verfassung erhalten bleiben sollten, hatte die österreichische Re-
gierung damals erklärt, sich sortan aller Einsprache und Einmischung in
die Angelegenheiten dieser Stifter enthalten zu wollen.