612 Sachsen von 1848—1854.
gewesen. Da konnte es nun den Widersachern der Reichs-
verfassung nicht anders als sehr willkommen sein, daß die Kam-
mern selbst zu dem politischen Conflicte noch einen finanziellen
heraufbeschworen, der jene der Nothwendigkeit überhob, den
wahren Grund des unvermeidlich gewordenen Bruches, die
Frage wegen Anerkennung der Reichsverfassung, zu nennen, für
welche alle liberalen Parteien und damit die große Mehrheit
des Volkes einstanden.
Dank der Festigkeit des sächsischen Staatscredits war es
zwar während des gefährlichen Vorjahrs der Regierung möglich
gewesen, allen Verbindlichkeiten ohne allzuerhebliche Vermehrung
der Staatslasten zu genügen, dennoch hatte sie wegen des ver-
späteten Zusammentritts des Landtags um nicht den regel-
mäßigen Gang der Verwaltung zu unterbrechen durch Ver-
ordnung vom 18. December 1848 eigenmächtig die Fort-
erhebung der Stenern verfügen müssen, statt aber dies auf
eigene Verantwortlichkeit zu thun, sich dabei, da die Verfassung
dafür keine Bestimmung bot, mit der höchst zweifelhaften Ana-
logie des § 88 der Verfassung geholfen, der zwar provisorische
Gesetzgebungs-, nicht aber Finanzmaßregeln autorisierte. Auf
die dringenden Vorstellungen des Finanzministers Georgi hatte
zwar die zweite Kammer, 7. Febrnar, das Ministerium zur
Forterhebung ver Steuern ermächtigt, jedoch, um nicht etwa
einem anderen Ministerium dadurch Mittel zu gewähren, nur
bis Ende Juni, auch die Principfrage, ob dasselbe zum Erlaß
jener Verordmug befugt gewesen sei, offen gelassen. Nachdem
aber mitterweile das Ministerium Held ans Ruder getreten
war, zeigten die Kammern nicht übel Lust die finanzielle
Verlegenheit desselben dazu zu benutzen um es entweder ge-
fÜgiger zu machen oder aber unter dem Schein pflichtmäßiger
Vertheidigung der Verfassung zum Rücktritt zu zwingen. Daher
bewllligte zwar die erste Kammer, 8. März, ebenfalls das
Steuerprovisorium, jedoch nur bis Ende April, und lehnte die
nachträgliche Genehmigung der Verordnung vom 18. Derember
als verfassungswidrig mit dem Zusatz ab, daß jedes fernere
Steuerausschreiben als ein Verfassungsbruch anzusehen sei. Die