Die Mairevolution 1849. 619
geben Feuer, vier Menschen fallen; doch auch das Feuer der
Turner tödtet einen Leutenant und nöthigt die Besatzung ins
Innere des Zeughauses zurückzuweichen. Der Anblick des ver-
gossenen Bluts erhitzt das Volk bis zur Wuth; einer der
Gefallenen wird mit entblößter Wunde und unter fortwährendem
Rachegeschrei durch die Straßen und vor das Schloß gefahren;
dann wirft sich das Volk aufs neue gegen das Zeughaus; ein
vom Commandanten Lenz zum Schutze desselben entsendetes
Bataillon Communalgarde macht Miene sich den Angreifern
anzuschließen. Mit Hilfe eines Leiterwagens wird das Haupt-
thor eingestoßen; in demselben Augenblicke kracht, von einem
Zimmermanne der Besatzung ohne Commando abgefeuert, ein
Kartätschenschuß in den dichten Knäuel und streckt 20 Todte
und Verwundete zu Boden. Schnell wird das Thor wieder
verrammelt und das Zeughaus ist gerettet.
.Während dieses ersten blutigen Vorganges hatten die Stadt-
verordneten in tumultuarischer Sitzung, an der auch Tzschirner
und Helbig theilnahmen, die sofortige Ernennung eines Landes-
vertheidigungsausschusses decretiert; der Stadtrath lehnte zwar
den Beitritt zu einem solchen Uebergriffe ab, schloß sich aber
einer neuen Deputation an den König an. Nach Anhörung
ihrer Bitte zog sich König Fricdrich August zu letzter ernster
Berathung in sein Cabinet zurück. „Ich bin“, sagte er wieder
heraustretend, „mit niemandem zu Rathe gegangen als mit
meinem Gewissen; ich kann meinen Entschluß nicht ändern, ich
habe mein Wort gegeben.“ Der letzte Versuch eines friedlichen
Ausgleichs war gescheitert. Auf die Nachricht von dem Blut-
vergießen am Zeughause ließ Tzschirner Sturm läuten und befeuerte
von dem mit der deutschen Fahne geschmückten Rathhausbalcon
herab das Volk zur Bewaffnung und zum Bau von Barri-
kaden. Im Rathhause installierte sich ein Sicherheitsausschuß
von drei Mitgliedern 1) und enthob den protestierenden Magistrat
seiner Functionen. Lenz, der sich vom Pöbel umringt und be-
droht sah und für seine Befehle keinen Gehorsam mehr fand,
1) den Stadtwerordneten Dr. Minkwi, Prof. Richter und Dr. Köchly