Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Die Mairevolution 1849. 623 
Dresden anwesende Abgeordnete auf Nachmittags 2 Uhr auf 
das Rathhaus; nachdem hier ein vermittelnder Antrag, neben 
Todt und Heubner den Gouverneur v. Schulz in diese Be- 
börde aufzunehmen und derselben die Regierung nur bis zur 
Rückkehr des Königs zu übertragen, nach stürmischen Debatten 
verworfen worden war, wurden auf Köchly'## Vorschlag Todt, 
Heubner und Tzschirner als Vertreter der drei Fractionen der 
Linken durch Acclamation zu Mitgliedern der provisorischen Re- 
gierung gewählt, der der Sicherheitsausschuß sofort den Platz 
räumte. Ihre Einsetzung wurde dem Volke feierlich kund ge- 
macht; auf dem Markte nahm Tzschirner die Vereidigung der 
Mitglieder auf die Reichsverfassung vor. 
Allein dieser Schritt brachte keineswegs den gehofften Ein- 
druck hervor. Hatten schon vorher die Gemäßigten, sobald sie 
auf der einen Seite alle ihre Bemühungen beim Könige scheitern, 
auf der andern den Radicalismus zur offenen Gewalt über- 
gehen sahen, sich größentheils zurückgezogen, so wurden jetzt 
auch noch die wenigen Schwankenden, ja fast das gesamte 
Bürgerthum durch einen solchen äußersten Act der Auf- 
lehnung, besonders aber durch Tzschirners Namen zurückgeschreckt. 
Trotz alles Sturmläutens und Generalmarschschlagens war von 
jetzt ab die Communalgarde nicht mehr aus den Häusern zu 
bringen; auch von den auswärtigen Communalgarden, welche 
in dem Glauben herbeigeeilt waren, es handle sich nur um 
eine großartige bewaffnete Demonstration um der Reichsver- 
fassung Anerkennung zu verschaffen, kehrten viele um, als sie 
aus Tzschirners Namen die eigentliche Bedeutung der Be- 
wegung und die Gewißheit ernstlichen Kampfes erkannten. Von 
diesem Augenblicke nahm daher die Erhebung einen ganz andern 
Charakter an. Die so schnöde mißbrauchte Fahne der Reichs- 
verfassung ward bei Seite geworfen, es begann die republikanisch- 
socialistische Erhebung. „Endlich“, jubelte die Dresdener 
Zeitung, „verläßt man den abgeschmackten Boden des Gesetzes, 
die Scheu vor Antastung des Privateigenthums, und erkennt 
den revolutionären als den einzigen gesetzlichen an!“ Tzschirner 
mit seinem wilden Fanatismus und seiner gespreizten Eitelkeit
	        
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