628 Sachlen von 1848—1854.
dene Versuche der provisorischen Regierung sich der geschlossenen
Convention zuwider Waffen aus dem Zeughause zu verschaffen,
vollends die Augen geöffnet hatten, wieder vollkommen zu-
verlässig sei. Dagegen blieb die preußische Hilfe noch immer
aus und es stellte sich heraus, daß sie nicht so schnell geleistet
werden konnte, wie man gehofft hatte. Weder in Schlesien noch
in der Mark und Thüringen waren bei der dort herrschenden
Aufregung Truppen entbehrlich, die bei Görlitz sich sammelnde,
nach Sachsen bestimmte Landwehr-Division Holleben war erst
im Beginn ihrer Formation; Oberlentnant Funke, der, nachdem
er sich in Röderau die Weiterfahrt von dem widerspänstigen
Eisenbahnpersonal hatte erzwingen müssen, erst am Abend des
4ten in Berlin anlangte, erhielt jedoch dort vom Grafen
Brandenburg die Zusage, daß mit dem nächsten Morgen die
erste Hilfssendung abgehen solle.
Vorläufig sah sich daher die Regierung, als sie am Morgen
des 5. Mai durch eine Proclamation des Königs und einen
Protest des Ministeriums das erste Lebenszeichen gab, auf ihre
eigenen geringen Streitkräfte angewiesen, von denen noch ein
beträchtlicher Theil in Reserve bleiben mußte um die unzu-
verlässige Neu= und Antonstadt im Zaume zu halten. Der
Oberbefehl über diese Truppen, im Ganzen 2800 Mann
mit 10 bespannten und 9 unbespannten Geschützen wurde dem
General v. Schirnding, einem Veteran aus den napoleonischen
Kriegen, übertragen. Diesem kleinen Häuflein standen un-
gefähr 10000 Aufständische gegenüber, fast durchweg mit Feuer-
gewehren, eine nicht geringe Zahl mit Zündnadelgewehren und
Spitzkugelbüchsen versehen. Die Turnerscharen bildeten ein dis-
cipliniertes, gut bewaffnetes Corps, Munition lieferte die
Pulvermühle, deren man sich bemächtigt hatte; die Bergleute
des plauenschen Grundes, uneingedenk der sonst sprichwörtlichen
loyalen Biederkeit ihres Standes, führten sogar vier Zwei-
pfünder mit sich. Die Insurgenten befanden sich im Besitze
der ganzen Altstadt mit alleiniger Ausnahme des Schlosses mit
seinen Nachbargebäuden und des Zeughauses; der Bau von
108 Barrikaden, zu welchen die Graniktrottoirs das Material