Widerstreben der Mittelslaaten gegen das Maibündniß. 61
des Art. 9 der Bundesacte niemals beigestimmt habe. Mit
vollem Rechte hielt der Antragsteller dem entgegen, daß diese
Ansicht der Einladung vom 28. Mai, sowie dem Wortlaute des
Verfassungsentwurfs schnurstracks entgegenstehe. Das Rechtliche
der Sache, fügte der Vorsitzende hinzu, stehe durchaus fest; es
mangele jede Andeutung, daß der Bundesstaat erst durch den
Consens der nicht beitretenden Staaten zur Wirklichkeit ge-
langen solle. Zum Beweise, daß es mit der definitiven Con-
stituierung des Bundes Ernst sei, nahm der Verwaltungsrath
am 19. October gegen die Stimmen von Sachsen, Hannover
und Mecklenburg-Srrelitz den nassauischen Antrag an. Hierauf
gab Hannover eine Ausführung zu Protokoll, von der der
Vorsitzende erklärte, daß eine Regierung, die solcher Rechtsan-
sicht gewesen, das Bündniß vom 26. Moi nicht hätte schließen
und noch weniger andere Regierungen diesem Bürnnisse beizu-
treten hätte auffordern können. Befragt, ob er sich jener Rechts-
ausführung ebenfalls anschließe, beschränkte sich der sächsische
Bevollmächtigte darauf auf den von seiner Regierung zum Ver-
trage vom 26. Mai gestellten Vorbehalt Bezug zu nehmen.
Hiermit trat also zum ersten Male jener Vorbehalt in
Wirkfamkeit, über dessen Bedeutung sich nun ein heftiger Streit
erhob. Preußen bestritt, daß durch denselben eine Suspensiv-
bedingung ausgesprochen worden sei, vielmehr betreffe er mit
sehr bestimmten Worten nur den Fall, wenn nach Einführung
der Verfassung der Beitritt der süddeutschen Staaten nicht
erfolge; dann erst habe Sachien das Recht, die Erneuerunn.
der Verhandlungen und „Umgestaltung der vereinbarten Ver-
fassung“, natürlich auch diese nur nach Maßgabe der auch für
Sachsen verbindlichen Verfassung zu fordern. Gegen diese Aus-
legung legten die Bervollmächtigten Sachsens und Hannovers
folgenden Tages Verwahrung ein und verliesten am 22. October
Berlin unter Protest gegen den Beschluß vom 19ten. Eine
Note Beusts vom 25. October nahm hierauf für den Vorbe-
halt ausdrücklich die Bedeutung einer Suspensivbedingung in
Ansvruch, rief aber dadurch im Schoße des Verwaltungsraths
von seiten Preußens eine sehr scharfe Widerlegung hervor,