Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Die Zolleinigung mit Osterreich. 687 
nur dann unschädlich machen könne, wenn es ihm gelinge, diese 
Macht von ihrer Stellung an der Spitze des Zollvereins zu 
verdrängen. Daher sein Bestreben die zerrissene Handelsgemein- 
schaft mit Deutschland wieder anzuknüpfen, die Forderung einer 
förmlichen Zolleinigung und der Übertragung des Zollwesens 
auf den Bund. Der Augenblick, kurz vor Ablauf der Zoll- 
vereinsverträge, war gut gewählt. In gewohnter Dienstwillig- 
keit war Sachsen gleich beim Beginn der am 7. Juli 1850 
zu Kassel eröffneten Zollvereinsconferenz mit der Forderung 
hervorgetreten, daß vor allem Andern die Frage wegen der 
Zolleinigung mit Osterreich verhandelt werde, daß überhaupt 
der Zollverein dermalen an seinem Tarifsystem nichts ändern 
dürfe um nicht dadurch den Anschluß der Nachbarstaaten zu er- 
schweren. Erst auf die dringendsten Gegenvorstellungen der 
übrigen Zollvereinsmitglieder war es, 26. August, davon ab- 
gestanden, schließlich aber doch die ganze Tarifberathung an dem 
plötzlichen Widerspruche Braunschweigs gescheltert #). Dem 
Wursche der sächsischen Regierung nach einer vollständigen Han- 
delseinigung Osterreichs mit Deutschland stellten sich jedoch zwei 
große Hindernisse entgegen: es fehlte nicht nur zur Zeit noch 
ganz an einem Maßstab für die Revennenvertheilung zwischen 
Osterreich und dem Zollverein, den die Bevölkerungsziffer allein 
unmöglich geben konnte, sondern der Zollverein mußte auch 
eine Bürgschaft haben, daß ihm dadurch sein so bedeutender 
Export nach Amerika nicht geschmälert werde. Zudem würde 
Österreichs Beitritt nothwendigerweise zu einer Verstärkung der 
Schutzzollpartei im Zollverein geführt haben, Sachsen konnte 
daher denselben nicht betreiben ohne seine ganze bisherige Stel- 
lung zu der Schutzzollfrage und vie Interessen seines eigenen 
Handels zu verleugnen. Da sich hiceraus die Umnöglichkeit 
ergab, die Zolleinigung sofort zu erreichen, so schickte die Re- 
gierung den Geheimenrath Weinlig nach Wien um das 
dortige Cabinet für den Gedanken einer allmählichen Anbahnung 
derselben mittelst eines ÜUbergangszustandes von etlichen Jahren, 
1) Weber a. a. O., S. 240 ff.
	        
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