Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

62 König Friedrich August I. 1806—1813. 
gegen vernichtete anderseits der Krieg auf der Pyrenäenhalb= 
insel und die Unterbrechung der Verbindung mit den über- 
seeischen Absatzländern die Blüthe alter, eingewurzelter, zum 
Theil als Nebenbeschäftigung des Landvolks wohlthätig gewesener 
Industriezweige. Die lausitzer Leinwandmanufactur gieng fast 
ganz zu Grunde und wurde mehr und mehr durch die Baum- 
wollenweberei verdrängt. Schwer litten unter der Continental- 
sperre die leipziger Messen 1). 
Je länger Sachsen inmitten dieser vielfältigen Umwälzungen 
in seinem alten Zustande verharrte, desto größer wurde das 
Mißverhältniß zwischen den unabweislichen Forderungen der 
Zeit und den Formen, in denen der Staat sich, als ob nicht 
das Geringste um ihn her anders geworden wäre, langsam 
und schwerfällig bewegte. So anerkennenswerth es war, daß 
der König die ihm zugefallene Souverainetät nicht zu willkür- 
lichen Eingriffen in die Verfassung mißbrauchte, so fehlte doch 
auch jeder schöpferische Gedanke, der jenes Mißrerhältniß aus- 
geglichen hätte. Pedantisch gieng die ganze Verwaltung den 
jurisuschen Gang, den sie seit Gutschmids Ministerium ange- 
nommen hatte; die einzelnen Fragen wurden gewissermaßen 
wie ebenso viel Processe zwischen den verschiedenen Behörden 
verhandelt, welche, mit einer großen Zahl von Räthen besetzt, 
vor lauter Gründlichkeit nichts zu Ende brachten. Die wich- 
tigsten Sachen wurden auf diese Weise verschleppt; mochte eine 
Maßregel auch noch so richtig entworfen sein, schließlich kam 
sie aus den endlosen Berathungen entstellt und mit Clauseln, 
die ihre wohlthätige Wirkung zerstörten, überladen hervor. 
Seitdem das Geheime Consilium theils durch die Abtrennung 
der Finanzsachen, theils durch die geringe persönliche Bedeutung 
seiner Mitglieder von dem früheren Gewichte riel eingebüßt 
hatte, fehlte es für die Berathung der wichtigsten Staatssachen 
an jedem gemeinschaftlichen Mittelpunkte. Die einzelnen Ver- 
waltungszweige waren unter gegenseitig sich ganz fremde Be- 
bhörden vertheilt, die sich mehr behinderten als unterstützten. 
1) Gretschel-Blllau III, 620.
	        
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