Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

69 Sachsen von 1848—1854. 
daher, daß eine große Gleichgiltigkeit gegen alles parlamen- 
tarische Leben im Publicum um sich griff und die äffentliche 
Aufmerksamkeit sich weit lebhafter mit der eben jetzt über den 
Zollverein hereingebrochenen Krisis beschäftigte. 
Um sich nämlich bei Zeiten gegen die Möglichkeit einer Auf- 
lösung des Zollvereins und deren Folgen zu decken hatte 
Preußen unmittelbar nach dem Schluß der dresdner Conferenzen 
in aller Stille mit Hannover unterhandelt und überraschte 
plötzlich Freund und Feind durch den am 7. September unter- 
zeichneten Vertrag wegen dessen Anschlusses an das preußische 
Steuersystem vom 1. Januar 1854 an. Diesem Vertrage 
ließ es, 15. November, die formelle Kündigung des Zollvereins 
kolgen „um damit den Weg für die Eröffnung von Verhand- 
lungen über die Fortsetzung des Vereins zu betreten“, ein Er- 
eigniß, das allerwärts die größte Sensation erregte, bei den 
Einen Freude, in den Kreisen der mittelstaatlichen Reglerungen 
die heftigste Entrüstung, nirgends größere als in Dresden, wo 
bereits die eigenmächtige Kündigung des belgischen Vertrags 
durch Preußen übel vermerkt worden war. Verletzte schon die 
Schroffheit, mit der Preußen die übrigen Vereinsglieder einfach 
vor die Alternative stellte, entweder dem ohne ihr Vorwissen 
geschlossenen Vertrage beizutreten oder auf die Erneuerung der 
Zollvereinsverträge zu verzichten, das Selbstgefühl der säch- 
sischen Regierung, so empfand Beust außerdem recht wohl, daß 
Preußen sich durch den Septembervertrag, der fast das ganze 
nördliche Deutschland zu einem geschlossenen Zollgebiete gestaltete, 
eine Stellung geschaffen habe, an der aller Widerspruch der 
Mittelstaaten machtlos zerschellen müsse. Das Regierungeblatt 
ließ seinem Ärger darüber freien Lauf; es berechnete die Ein- 
buße, die Sachsen durch diesen Vertrag erleide, auf jährlich 
mindestens 200000 Thlr. „Wir stellen“, erklärte es, „den 
Werth, den der Zollverein für Sachsen hat, sehr hoch, aber 
wir stellen den Werth, den Sachsen für den Zollverein hat, 
nicht um eine Linie niedriger“; ihm zufolge hätte Preußen um 
correct zu handeln den Septemberrertrag wenigstens alsbald 
einer Zollconferenz vorlegen sollen, und die Entschuldigung, daß
	        
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