Krifis des Zollvereins von 1852. 699
es in einer Angelegenheit von solcher Bedeutung nicht habe
vorgehen können, ohne der Zustimmung des eigenen Landes
gewiß zu sein, erschien nur als eine neue Kränkung, da sie die
übrigen Zollvereinsstaaten den preußischen Kammern unterord-
nete. Etwas Wahres lag in diesem Räsonnement gewiß; nur
würde Deutschland auf diesem Wege schwerlich jemals zu einer
ersprießlichen Handelseinigung gelangt sein.
Während die sächsische Regierung schleunigst den Oberpost-
director v. Schimpff nach München, Stuttgart und Karlsruhe
schicte um sich über ein gemeinschaftliches Verfahren dem
Septembervertrage gegenüber zu berathen, suchte auch Osterreich
mit diesen Regierungen eine gleiche Verständigung einzuleiten,
und da es dieselben geneigt fand schon jetzt für den Fall, daß
eine Erneuerung des Zollvereins nicht zu Stande käme, über
eine Zoll= und Handelseinigung mit ihm zu verhanveln, so lud
es, 25. November, sämtliche Bundesregierungen zur Beschickung
einer freien Conferenz nach Wien ein, welche am 4. Januar 1842
feierlich eröffnet wurde. Preußen lehnte die Theilnahme daran
vor erfolgter neuer Constituierung des Zollvereins ab, schrieb
vielmehr seinerseits zur Berathung über letztere eine Zollcon-
ferenz nach Berlin aus. Wichtiger aber als jene wiener Cen-
ferenzen waren die geheimen Verhandlungen, welche Osterreich
nebenher für den Fall, daß Preußen bei seiner Unnachgibigkeit
verharren sollte, einleitete; allein auch sie rückten nur wenig
von der Stelle, hauptsächlich despalb, weil Osterreich, bevor
nicht seine Geldverhältnisse vollstämdig geregelt waren, sich ganz
außer Stand sah den Mittelstaaten die verlangte Garantie
ihrer bisherigen Zollrevenuen zu geben. Bei einer Besprechung,
welche die Minister v. d. Pfordten, v. Beust und v. Neurath,
25. März, zu Bamberg hielten, stellte sich als unzweifelhaft
heraus, daß keiner von ihnen Lust hatte sich schon jetzt durch
einen Separatvertrag gegen Osterreich zu binden.
Aber gesetzt auch, es wäre für die Südstaaten eine sofortige
Zolleinigung mit Osterreich denkbar gewesen, so befand sich doch
das durch seine geographischen Verhältnisse, seine Bedürfnisse,
seine Industrie unauflöslich an den nördlichen Nachbar gekettete