Berwaltung. 63
Der König, eifersüchtig auf seinen eigenen, durch eine vierzig-
jährige gewissenhafte und arbeitsreiche Regierung erlangten
Einfluß, gestattete solchen keinem seiner Minister auf das All-
gemeine der Staatsangelegenheiten, sondern ließ sich von jedem
derfelben nur in Sachen seines Departements berathen. Hierin
wußte ihn auch Graf Marcoliui zu bestärken, der von dem
Gewichte eines leitenden Ministers Einbuße an seiner zwar
nicht hervorstechenden, aber doch einflußreichen und nebenbei
recht einträglichen Stellung als Vertrauter des Königs zu
befürchten hatte. So kam es, daß kein Beamter, vom niedrig-
sten bis zum höchsten, den Blick über die Grenzen seines be-
sonderen Geschäftskreises erhob, daß in der seltsam complicierten
Staatsmaschine die Verantwortlichkeit des Einzelnen ganz ver-
schwand, das Talent keinen Naum fand sich geltend zu machen
und der lethargische Zauber, der auf dem ganzen Staatswesen
lag, auch die besten Geister erfaßte, sobald sie in ein Amt
traten. Verkörpert zeigte sich diese allgemeine Erstarrung in
dem Minister des Inneren, dem Grafen Hopfgarten, der vor
jeder Anderung des Bestehenden, wie vor der frevelhaften
Verletzung eines Heiligthums zurückbebte. Senfft, ein Jüng-
ling an Jahren im Vergleich zu den Greisen, die ihn umgaben,
und durch seinen pariser Aufenthalt an einen weiteren Horizont
gewöhnt, nahm zwar einige reformatorische Anläufe, aber er
war keiner von den beherrschenden Charakteren, die wider-
strebende Verhältnisse sich unterthan zu machen versiehen, und
was er unternahm, kam über dem neu ausbrechenden Kriegs-
lärm bald wieder ins Stocken. Gewiß waren Maßregeln, wie
das Mandat vom 29. Juni 1810, welches manche Gebrechen
des Innungswesens beseitigte, wie die Errichtung der Gens-
darmerie 1), deren Beaufsichtigung und Leitung man angesehenen
Grumbesitzern des Bezirks übertrug, ganz löblich und nützlich,
aber an die Wurzel des Uebels rührten sie nicht. Die haupt-
sächlichsten Forderungen, welche von den Einsichtigen erhoben
wurden, giengen auf Errichtung einer obersten Centralbehörde,
1) Außer in der Lausitz, wo man eine Art Polizeijäger beibehielt.
1810