702 Sachsen von 1848—1854.
durchzudringen wohl einsehend, begab sich Beust persönlich nach
Wien, 1. bis 8. August, und erreichte hier das wichtige Zu-
geständniß, daß der Minister v. Buol-Schauenstein unter gewissen
Bedingungen in einen vorläufigen Aufschub der Zolleinigung
willigte. Damit schien eine Grundlage für den Ausgleich ge-
wonnen. Zu Stuttgart formulierten hierauf die darmstädter
Coaliierten 10. bis 14. August einen Vermittlungsvorschlag, der
Preußen bei der Wiedereröffnung der berliner Conferenzen vor-
gelegt werden sollte: sie sagten darin ihre Bereitwilligkeit zur
Fortsetzung des Zollvereins unter Annahme des September-
vertrags für den Fall zu, wenn gleichzeitig mit der Ratification
dieser Verträge der Abschluß des Zoll- und Handelsvertrags
mit Osterreich erfolge. Preußen jedoch gieng von seinen Be-
dingungen schlechterdings nicht ab; nur soviel gestand es zu,
daß der wiener Eutwurf den mit Osterreich, jedoch erst nach
Erneuerung des Zollvereins einzuleitenden Unterhandlungen zu
Grunde gelegt werde, und setzte den Coalüerten eine Frist bis
zum 15. September um sich darüber zu erklären, und da deren
Antwort bis zu dem festgesetzten Termine nicht übergeben war,
so brach es, des resultatlosen Hin= und Hermarktens müde,
am 17. September die Unterhandlungen plötzlich ab, erklärte
fortan nur noch mit den einzelnen Staaten auf Grund
seines letzten Anerbietens verhandeln zu wollen und traf
Vorbereitungen die Grenzbewachung gegen Sachsen wiederein-
zurichten.
Die Bestürzung, die diese unerwartete Wendung üÜberall
umd namentlich in industriellen Kreisen erregte, wurde noch
wesentlich dadurch verstärkt, daß der Minister v. Friesen, nicht
willens Beust auf der abschüssigen Bahn seiner Politik weiter
m folgen, am 2. October seine Entlassung nahm 1), worauf
letzterer zu dem Departement des Außeren auch noch das
Innere hinzuübernahm und dafür das des Cultus im Februar
1) Im folgenden Jahre trat er als Kreisdirector zu Zwickau wieder
in den Staatsdienst.