Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Sparcassen. Landwirthschaft. Gewerbegesetz. 727 
maßgebend waren, so stellte er sich statt der Beseitigung nur 
die Regeneration des Zunftwesens zur Aufgabe und wollte 
sein Ziel, Verminderung des Fabrikwesens und Fabrikproletariats, 
Kräftigung des Bürgerstandes und Städtewesens und Zufluß 
von Arbeitern zur Landwirthschaft durch Zusammenlegung meh- 
rerer Innungen zu Hauptgruppen unter Beibehaltung von 
vielerlei Beschränkungen und des ganzen Concessionswesens er- 
reichen. Diese halbe Maßregel erregte jedoch nicht nur schon 
im Staatsrath Bedenken sondern erfuhr auch von allen sach- 
verständigen Begutachtern eine so einhellige Verurtheilung, daß 
die Regierung den Entwurf zurückkog und im Sinne der Ge- 
werbfreiheit umarbeiten ließ, und wenn auch noch das Gesetz 
in dieser von den Kammern ohne eigentlichen Principienkampf 
angenommenen Fassung (vom 15. October 1861) zahlreiche 
Ausnahmen festhielt und selbst eine besondere Gewerbemündig- 
keit mit dem 24. Lebensjahre einführte, so erlöste es doch den 
Gewerbstand, indem es den Gewerbebetrieb Jedermann ohne 
Unterschied des Geschlechts und ohne Nachweis des Lehrganges 
und der Befähigung freigab, die sachlichen und räumlichen Ver- 
bietungsrechte aufhob und dabei das Fortbestehen der Innungen 
nur unter Beseitigung aller Privilegien gestattete, im wesent- 
lichen von den Frsseln, in die er bisher geschlagen gewesen war, 
und gab ihm in den Handels= und Gewerbekammern eine 
selbständige Vertretung seiner Interessen; den Gewerbegerichten 
sedoch wies es eine so geringe Competenz zu, daß sich unter 
den Betheiligten kein Verlangen regte auch diese ins Leben 
treten zu lassen. Die von der Gewerbefreiheit gehegten Be- 
fürchtungen giengen in keiner Weise in Erfüllung, selbst der 
Ülbergang zu derselben geschah fast unmerklich, dagegen trat in 
allen Innungsgewerben an die Stelle des alten Schlendrians 
bald ein rühriges Streben nach Fortschritt und besserer Aus- 
bildung 1). 
1) Der nderung in der Gewerbegesetzgebung entsprechend bestimmte 
ein Zusatg zum Heimatsgesetz (15. October 1861), daß außer durch 
Anfässigkeit und Gewinnung des Bürzerrechts die Heimatsangehsrigkeit
	        
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