786 Sachsen unter König Johann. Inneres.
Dagegen gewann die sächsische Specialgeschichte durch die rück-
haltslose Erschließung des dresdner Hauptstaatsarchivs und den
mit ständischer Unterstützung unter Gersdorfs Redaction seit
64 begonnenen Codex diplomaticus Sazoniae regiae zum
erstenmale eine sichere urkundliche Grundlage. Während Leipzig
seit 1848 aufgehört hatte der Sitz des specifischen Literaten-
thums zu sein, versammelte Dresden in den funfziger Jahren
jenen Kreis namhafter Dichter und Schriftsteller (K. Gutzkow,
R. Reinick, O. Roquette, M. Heydrich, O. Ludwig, J. Ham-
mer, B. Auerbach u. A.), in welchem bei Gelegenheit von
Schillers fünfzigjährigem Todestage der Gedanke der Schiller-
stiftung entsprang, der dann 1859 durch die Schillerlotterie
in einem anfangs nicht geahnten Umfange zur Ausführung
kam.
Das Erwachen eines regeren Sinnes für die Kunst. be-
thätigten die Stände seit 1858 durch jedesmalige Bewilligung
von 5000 Thlrn. für Kunstzwecke. Unter der dresdner Künstler-
schaft ragten namentlich Ed. Bendemann, der seit 1849 den
Thronsaal mit Fresken schmückte, J. Schnorr v. Carolsfeld
(st. 1872) und J. Hübner hervor, doch aber brachte sie
es auch jetzt nicht zu einer sicheren Kunstrichtung, einer
eigenen Schule, wie sie München und Düsseldorf besaßen.
Dafür giengen aber aus Rietschels Werkstatt die vollendet-
sten Werke des Meisters hervor; die Ausführung des groß-
artigsten, des Lutherdenkmals, mußte er, 1861 vom Tode
ereilt, seinen Schülern A. Donndorf und G. Kietz über-
lassen. Das Hoftheater, an welchem Gutzkow seit 1847 nur
kurze Zeit als Dramaturg wirkte, zehrte theilweise vom Ruhm
vergangener Tage; E. Derrient, die Hauptstütze des classischen
Repertoirs, nahm 1856, mit Ehren überschüttet, von der ihm
mitunter durch die Triumphe seines Rivalen und Antipoden
Dawison verleiteten Bühne Abschied (st. 1872). Leipzig erhielt
sich, wie die Gründung der Bachgesellschaft im Jahre 1850
und die jährliche Charfreitagsaufführungen der Matthäus-
passion bewiesen, den angeerbten Cultus der Musik im edelsten
Sinne, am Conservatorium pflegten Moscheles, F. David