Der Krimkrieg. Die Bundesresorm. 789
zehn Tagen mobil gemacht werden könnten. Glücklicherweise
ebnete der Tod des Kaisers Nicolaus und der Fall Sebastopols
den Weg zum Frieden. Unter dem Vorwamde# eines Besuchs
der Weltausstellung reisten Beust und v. d. Pfordten, October
1855, nach Paris, und während letzterer sich nur mit der
Rechtfertigung des Königs von Griechenland zu befassen hatte,
erörterte jener in geheimen Unterredungen mit dem Kaiser Na-
poleon und dem Grafen Walewski die Basen des künftigen
Friedens, die er sofort nach seiner Rückkehr dem ihm persönlich
befreundeten russischen Staatskanzler dringend zur Annahme
empfahl. Allein erst dem (24. December) im Einverständniß
mit dem Tuileriencabinet nach Petersburg geschickten sächsischen
Gesandten in Paris, v. Seebach, Nesselrode's Schwiegersohne,
glückte es die Zustimmung Rußlands zu den Bedingungen zu
erreichen, welche dann auf dem pariser Congreß festgestellt
wurden ½). Beust selbst hatte sich unterdes Ende Januar in
Berlin persönlich mit dem Ministerpräsidenten v. Manteuffel
über die Stellung, welche man gegenüber den von Osterreich
beim Bundestage zu erwartenden Anträgen einzuhalten habe,
in Einvernehmen gesetzt.
Der Krimkrieg hatte nicht bloß von neuem die Ohnmacht
des Deutschen Bundes in der auswärtigen Politik sondern auch
die lehrreiche Thatsache ans Licht gebracht, daß jeder gegen den
vereinten Willen der beiden Großmächte von den Mittelstaaten
versuchte Widerstand auf die Länge nicht durchführbor sei, daß
aber, wenn jene auseinandergiengen, diese sich immer porzugs-
weise auf die Seite neigten, wo ihnen das geringste Opfer an
der Freiheit souverainer Entschliehung zugemuthet würde. An
Osterreich aber rächte sich jetzt die Wiederherstellung des Bundet
und die verabsäumte Bersöhnung des preußischen Rivalen durch
die Erfahrung, daß die gegenwärtige Organisation des Bundes
der Präsidialmacht nicht die geringste sichere Gewöhr seines
Beistandes in Fragen der europäischen Politik biete. So kom
von verschiedenen Seiten her die Frage der Bundesreform
1) Ebeling I, 316 ff.
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