Die Mittelstaaten gegen Preußen. Landtag von 1860. 747
Anträge eine förmliche Abstimmung beim Bunde hervorzurufen,
nahm man jetzt doch Anstand, man begnügte sich vielmehr auf
Militärconferenzen der Staaten des 7., 8., 9. und 10. Bundes-
armeecorps zu Würzburg (August 1860 und Mai 1861) ver-
mittelnde Vorschläge wegen Umgestaltung des Bunveskriegswesens
zu entwerfen, die jedoch ebenfalls ohne praktischen Erfolg blieben.
Bei solcher Bewandtniß mußten die Vorgänge jenseits der
Alpen, der Fall der kleinen itulienischen Throne vor dem brau-
senden Sturm der nationalen Revolution, die mittelstaatlichen
Regierungen mit den bängsten Ahnungen erfüllen. In Dresden
gaben die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen des Hofs zu
dem vertriebenen toscanischen diesem Gefühle besondere Schärfe,
die sich in den enthusiastischen Sympathien der Regierungskreise
für die Vertheidiger von Gasta, in der Decorierung Königs
Franz II. von Neapel, in einer sehr herben Erklärung beim
Bundestage über die Blocade von Ancona, nicht minder aber
auch in der wachsenden Erbitterung gegen den Nationalrerein,
gegen welchen Sachsen sogar ein Einschreiten des Bundes
herbeizuführen versuchte, offen aussprach.
Konnte daher auch die Thronrede bei Eröffnung des Land-
tags am 6. November 1860 freudig bei dem innern Flor
des Landes verweilen, so wendete sie doch mit minderer Be-
frievigung den Blick nach außen auf jene Begebenheiten, „die
alle Grundsätze des Völkerrechts zu erschüttern drohten“. Auch
das sächsische Ständehaus war diesmal von dem kräftigeren
Geiste, der durch die deutschen Gaue gieng, nicht unberührt
geblieben. Cichorius, einer der beiden Abgeordneten von aus-
3esprochen nationaler Gesinnung, welche Leipzig in die zweite
Kammer geschickt hatte, stellte den Antrag, die Regierung möge
sich beim Bunde für die Rechtsbeständigkeit der kurhessischen
Verfassung von 1831 aussprechen, der bäuerliche Abgeordnete
Riedel den auf Schaffung einer starken deutschen Centralgewalt
mit Volksvertretung beim Bunde; ein dritter, die Regierung
möge beim Bunde auf baldigste Herstellung des im Frieden
mit Dänemark verbürgten Rechtszustandes in Schleswig-Holstein
hinwirken, von Braun und Georgi gestellt „nicht um die Re-