Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

68 König Friedrich August I. 1806—1813. 
trauen muß“, sagte der Kaiser zu Senfft vor dessen Abreise 
von Paris; „Preußen wird niemals Ihr Freund und niemals 
aufrichtig sein", — Worte, die Senfft ganz aus der Seele ge- 
sprochen waren. Denn der nunmehrige Leiter der auswärtigen 
Politik Sachsens trug sich mit hochfliegenden Plänen, an deren 
Wirklichkeit zu glauben schwer fallen würde, wenn ein Anderer, 
als er selbst, sie bezeugte. Mit einer kaum begreiflichen Ver- 
kennung aller geschichtlichen Prämissen hatte Senfft, der dem 
leisesten aus Paris kommenden Winke Folge leisten mußte, sich 
mit der Hoffnung erfüllt, auf den Trümmern des, wie er 
meinte, für immer und ohne Rettung verlorenen Preußens 
eine neue sächsisch-polnische Centralmacht Europas aufzurichten, 
eine abenteuerliche Combination, die dem Erwachen des deutschen 
Nationalgefühls so fern wie möglich stand. Noch viel windiger 
aber erscheint dieses Project, insofern es sich auf das Herzog- 
thum Warschau stützte. Von Anfang herein hatte man sich 
weder auf sächsischer noch auf polnischer Seite Illusionen 
darüber gemacht, wie unsicher der sächsische Besitz dieses napo- 
leonischen Geschenkes sei. Hatte ja doch schon bei den bayonner 
Verhandlungen Graf Potocki, offenbar in der Voraussicht, daß 
Polen dereinst an eine andere Dynastie übergehen könne, die 
Forderung erhoben, daß die Cession der preußischen Hypotheken 
nicht an den König von Sachsen, sondern an die Regierung 
des Herzogthums erfolge, und aus dem nämlichen Grunde er- 
füllte die Vergrößerung des Herzogthums durch den wiener 
Frieden das sächsische Cabinet mit Unruhe statt mit Befriedigung. 
Damals freilich wies Napoleon die Annahme, als ob das 
Herzogthum je aus dem Besitze des Hauses Sachsen kommen 
werde, als eine ihm selbst zugefügte Beleidigung zurück 1); je 
mehr aber seine Pläne zu reifen schienen, desto deutlicher 
sprachen manche Anzeichen für das Gegentheil. Napoleons 
Außerung gegen den König, der Rest von Galizien werde sich 
leicht einmal mit Warschau vereinigen lassen, indem man 
Osterreich durch Rückgabe der illyrischen Provinzen entschädige, 
) Cornesp. de Nap. XII, 4906.
	        
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