Senffts polnische Pläne. Napoleou in Dresden. 75
jächsijch-polnischen Truppen sollten sich dieser Festungen be-
mächtigen; sie rechneten auf die Beschäftigung Rußlands durch
den Türkenkrieg, Napoleons durch den in Spanien, auf
Osterreichs Abneigung gegen Rußland, auf Schwedens Wohl-
wollen. Der Losbruch war auf den Sommer 1811 festgesetzt;
der König sollte erst im letzten Augenblick davon erfahren.
Es wäre das sinnloseste Unternehmen gewesen. Zum Glück starb
Potocki Anfang 1811 und gegen Eme des Sommers brachte
Poniatowski die Gewißheit des nahen Kriegs gegen Rußland
aus Paris mit 1). Nicht lange, so hallte halb Europa von
Napoleons ungeheueren Rüstungen wieder, und widerstandslos
folgte Sachsen dem Strome, der es in den schrecklichsten aller
Kriege fortriß.
Man kann nicht sagen, daß es widerwillig in denselben
gegangen sei. Das Volk in seiner großen Masse hatte keine
Stimme, aber das unter Napoleons Auspicien verjüngte und
trefflich geschulte Heer war trotz der Abneigung des gemeinen
Mannes gegen die übermüthigen, alle übrigen geringschätzenden
Franzosen in hohem Grade von kriegerischem Geiste und von
einem fast blinden Vertrauen auf des Kaisers Genie beseelt,
und die leitenden Kreise hielten sich versichert, daß ein glück-
licher Ausgang dieses, Polens Schicksal so nabe berührenden
Krieges Sachsen nur Gewinn, sei es in was immer für Ge-
stalt, bringen könne. Bald bewegten sich endlose Truppenzüge,
eine drückende Last für das Land, auf allen Straßen gen
Osten; nur Dresden blieb, aus besonderer Rücksicht gegen die
Person des Königs, von den meisten unberührt.
Dagegen meldete der Kaiser seinen und seiner Gemahlin
Besuch in der sächsischen Hauptstadt an). Am 15. Mai traf
er von Baireuth her in Plauen ein, an der Grenze von dem
Oberkammerherrn v. Friesen und dem General v. Gersdorff
empfangen. Der König und die Königin waren den hohen
Reisenden bis Freiberg entgegengefahren; da der Zeitpunkt
1) Senfft, Mémoires, p. 122.
2) Anhang Nr. 9.