Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Senffts polnische Pläne. Napoleou in Dresden. 75 
jächsijch-polnischen Truppen sollten sich dieser Festungen be- 
mächtigen; sie rechneten auf die Beschäftigung Rußlands durch 
den Türkenkrieg, Napoleons durch den in Spanien, auf 
Osterreichs Abneigung gegen Rußland, auf Schwedens Wohl- 
wollen. Der Losbruch war auf den Sommer 1811 festgesetzt; 
der König sollte erst im letzten Augenblick davon erfahren. 
Es wäre das sinnloseste Unternehmen gewesen. Zum Glück starb 
Potocki Anfang 1811 und gegen Eme des Sommers brachte 
Poniatowski die Gewißheit des nahen Kriegs gegen Rußland 
aus Paris mit 1). Nicht lange, so hallte halb Europa von 
Napoleons ungeheueren Rüstungen wieder, und widerstandslos 
folgte Sachsen dem Strome, der es in den schrecklichsten aller 
Kriege fortriß. 
Man kann nicht sagen, daß es widerwillig in denselben 
gegangen sei. Das Volk in seiner großen Masse hatte keine 
Stimme, aber das unter Napoleons Auspicien verjüngte und 
trefflich geschulte Heer war trotz der Abneigung des gemeinen 
Mannes gegen die übermüthigen, alle übrigen geringschätzenden 
Franzosen in hohem Grade von kriegerischem Geiste und von 
einem fast blinden Vertrauen auf des Kaisers Genie beseelt, 
und die leitenden Kreise hielten sich versichert, daß ein glück- 
licher Ausgang dieses, Polens Schicksal so nabe berührenden 
Krieges Sachsen nur Gewinn, sei es in was immer für Ge- 
stalt, bringen könne. Bald bewegten sich endlose Truppenzüge, 
eine drückende Last für das Land, auf allen Straßen gen 
Osten; nur Dresden blieb, aus besonderer Rücksicht gegen die 
Person des Königs, von den meisten unberührt. 
Dagegen meldete der Kaiser seinen und seiner Gemahlin 
Besuch in der sächsischen Hauptstadt an). Am 15. Mai traf 
er von Baireuth her in Plauen ein, an der Grenze von dem 
Oberkammerherrn v. Friesen und dem General v. Gersdorff 
empfangen. Der König und die Königin waren den hohen 
Reisenden bis Freiberg entgegengefahren; da der Zeitpunkt 
1) Senfft, Mémoires, p. 122. 
2) Anhang Nr. 9.
	        
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