Die Lausitzen. 157
Kolonie, vom Bischof Gerung 1154 angelegt 1). Diese Flanderer
(strenui viri, also Männer von Stand, nennt sie die Urkunde)
hatten 18 Hufen Landes, wovon zwei der Schulz, Bauer= oder
Burmeister (incolarum magister) und eine die Kirche erhielt.
Die übrigen 15 zahlten jährlich 30 Schillinge und für den
Zipzins (Kornzins an die Gerichsbehörde) 30 Pfennige. Des
Bischofs Vogt, jedoch mit wenigen Begleitern, hält drei-
mal jährlich Vegtding bei ihnen; zwei Theile der Straf-
gefälle kommen dem Bischof, der dritte dem Schulzen zu. Im
bischöflichen Gebiet sind diese Flanderer zollfrei, haben unter
einander freien Brod-, Bier= und Fleisch-Verkauf, und sind
frei von aller weiteren Besteuerung durch den Bischof, seinen
Vogt oder den Villicus. In geringer Sache spricht ihr Bauer-
meister, in höherer der Vogt. Die freie Lage dieser Men-
schen, das Erbrecht für Kinder beiderlei Geschlechts (er-
worben durch den sogenannten Kirchgang), überhaupt mos et
hacreditas flamingicalis, begründet ein nach und nach für alle
fremde, durch freien Vertrag angesiedelte Kolonisten geltendes
flämisches Recht, und konnte wie für die örtliche Kultur so
auch für den Zustand der unfreien Dorfbewohner nicht ohne
wohlthätige Folgen bleiben, zumal in einer Zeit, wo die Kreuz-
züge und die aufblühenden Städte manchen Grundherrn für
seine Hörigen bange machen mußten ?).
In dieser Zeit werden wir auch mit den Lausitzen etwas
mehr bekannt. Die frühere Eintheilung in Burgwarten, Ca-
stellaneien, Burgen, mit oder ohne Städte, blieb. Von letzterer
Art waren in der nachherigen Oberlausitz Göda, Dolgowitz,
Dobrus, Zizuo und Drewnow, die Burg von Görlitz; in der
Niederlausitz, Kottbus, Lübben, Golsen, Nimptsch, Zinnitz;
später kommen noch Pribus, Luckowe, Lubratz (Lieberose), Sche-
1) Cod. dipl. Sax. II. 1. No. 50.
2) Das Hauplwerk, ungleich vollständiger und kritischer als Hoche
und Eelking, ist von A. v. Wersebe: liber die niederländischen Colo-
nien im nördlichen Deutschland (Hannover 1815 u. 1816, 2 Bde. 8°);
höchst wichtig auch durch seine gelehrten Discurse über gencalogische, geo-
graphische und historische Verhältnisse des 10. bis 12. Jahrhunderts. Hie-
her gehört II, 637—1023.