Städtewesen. 1099
Beisitzern bestand, welche jedoch nur die Sorge für die Polizei
und die Vollstreckung gerichtlicher Aussprüche hatten. Darüber
mügen nach und nach die landesherrlichen Vögte und Schult-
heißen in Abgang gekommen sein, wie diese früher schon zu Ende
des 13. Jahrhunderts sich auch in Mühlhausen verlieren und
statt ihrer magistri consulum und consules erscheinen. In
Gotha und Heiligenstadt (erst 1230 angelegt) konnte dies noch
weit weniger so zeitig der Fall sein, weil hier kein Streit der
Grundherrschaft obwaltete, obgleich das letztere von Mainz aus
gegründet wurde. Weimar heißt zwar noch 1244 villa, muß
aber doch schon früher, da mehre Geistliche und Pröpste an-
geführt werden, eine Stadt gewesen sein. Dagegen hatte sich
unter dem Schutz der Wartburg und der Landgrafen Eisenach
schnell emporgehoben, an dessen Mauern die umliegenden Dörfer
jedes sein Stück gebauet haben sollen. Besonders blühten dort
viele städtische Gewerbe, denen bald eigene Gassen angewiesen
wurden, und der Handel. Gab es doch schon am Ende des
10. Jahrhunderts einen Streit zwischen den Abten von Hers-
feld und Fulda über die Schifffahrt auf der Hörsel bei Eisenach.
Eigentlicher Autonomie oder ganz vom Landeöherrn unab-
hängiger Verfassung und Verwaltung, selbst Gesetzgebung in
allgemeinen Angelegenheiten, wie sie zu jener Zeit schon die Reichs-
städte meistens genossen, erfreute sich damals keine einzige thü-
ringische Stadt, da Erhebung zur Stadt oder Ertheilung des
Stadtrechts, gemeiniglich mit Markt-, Münz= und Zoll-Gerechtig-
keit zugleich, nur die erste Grundlage städtischen Wesens, keines-
wegs aber ihre völlige Ausbildung im selbstgeschaffenen statu-
tarischen oder Weichbilds -Rechte war. Noch wurden der Vogt,
der Schultheiß vom Herrn bestellt oder wenigstens bestätigt,
so später auch die zwei Rathsmeister, die häufig an der Schult-
heißen Stelle traten und von denen der eine dem Rath, der
andere dem Gericht vorstand. Nathsmeister kommen aber auch,
wie in Eisenach, neben dem Schultheiß vor. Von dem Aus-
spruch der Schöppen einer Stadt fand auch Berufung an die
einer andern statt, wie Orlamünde sich auf den Nath von
Jeua, diese Stadt auf den von Gotha, Buttelstädt auf den
von Weißensee berufen haben. Wahrscheinlich erhielt Eisenach