Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Städte. Orden. Kunst. 201 
unter den milderen Krummstab kamen, es auch fürs Seelenhell 
zuträglich gehalten wurde, vor seinein Tode eine Anzahl 
Menschen frei zu lassen, und die Kreuzzüge und Städte gleich- 
falls dazu beitrugen. Auch die Vermehrung der Monschen 
selbst that nothwendig das Ihrige, weil die Leibeigenen im 
Preise sanken und man viele andere fand, die sogar noch gegen 
eine jährliche Abgabe den Acker baueten. Auch konnte man in 
den Städten wohlfeiler und besser kaufen, was sonst der Leib- 
eigene hatte arbeiten müssen. « 
Überhaupt bemerkt man in der Zeit der Kreuzzüge einen 
unverkennbaren höhern Aufschwung der westeuropäischen Mensch- 
heit, der sich in gar verschiedenen Gestalten und Gestaltungen 
kund that, auch, weil er fast alles durchdrang, kund thun mußte. 
Am sichtbarsten wird er in der Vollendung der äußeren und 
inneren Erscheinung des Ritterthums, aus welchem sich bei sicht- 
barer Einwirkung der Religion noch strengere, geschlossene Kor- 
porationen, die großen Ritterorden von St. Johann dem Barm- 
herzigen, vom Tempel und den deutschen Herren (die auch für 
Thüringen und Hessen (s. o. S. 196] hochwichtig werden) heraus- 
bildeten. Man glaubte sich in jener Zeit kaum genug thun zu 
können. So entstanden damals auch die streugeren der Mönchs- 
orden. Nächstdem zeigte sich dieser erhöhete Geist besonders in 
der Kunst. Ein Uibrrest thüringischer Malerei hat sich in einem 
Psalterium Landgraf Hermanns I. erhalten; die Pflege der 
Musik in Thüringen hebt Wolfram von Eschenbach hervor. 1) 
Von den Leistungen der Baukunst gaben die Kirchen zu Sanger- 
hausen, Reinhardsbrunn, Paulinzelle, Haina, das Katharinen- 
kloster in Eisenach, die treffliche Elisabethkirche zu Marburg (seit 
1235) und der etwas spätere Dom zu Erfurt, aber auch die 
früher gebaute Wartburg Zeugniß. Jusbesondere aber war es 
die Dichtkunst, die damals Thüringen sich zu einer bevor- 
zugten Wohnstätte erkor. Es ist ein Vorzug, den dieses Land 
mit keinem anderen in Deutschland theilt, daß es der deutschen 
Poesic beide Male, wo sic sich zu ihrer höchsten Blüthe ent- 
faltete, im Anfange des 13. und auf der Scheide zwischen dem 
18. und 19. Jahrhunderte, eine Heimat bereitet hat. Unter 
1) Parzlival XIII, 639. 11.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.