Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Thüringische Herzoge. 11 
Die Reihe der thüringischen Herzoge, so kurz sie ist, hat 
viele Dunkelheiten. Ob Ratolf im Besitze seiner Unabhängig- 
keit und wann er gestorben, bleibt unbcantwortet. Die Fessel 
des Gehorsams scheint erst nach der Schlacht von Tertri Pipin 
stärker angezogen zu haben, da die Känige selbst immer matter 
und unthätiger wurden 1). Nach Ratolf tritt ein Herzog Ha- 
than über Thüringen auf, und da er noch Heide war, wird 
auch er eher Thüringer als Franke gewesen sein; die fromme 
Bilehild war der Legende zufolge seine Gemahlin ?). Sein un- 
mittelbarer Nachfolger ist unbekannt, wahrscheinlich ein unge- 
nannter älterer Sohn (Theobald), dem dann Herzog Gozbert 
(in diesem Falle des Vorigen. jüngerer Bruder) folgt. Bei 
ihm erscheint (mit 11 Gefährten — man liebte bei solchen 
Missionen die apostolische Zahl — war er unter der vorigen 
ungenannten Regierung durch das Land gezogen) der Scholte 
Kyllena oder Kilian in dem Castell Wirzburch. Fürst und Volk 
waren noch tief im Heiventhum befangen. Eine spätere Legende 
berichtet, daß er, nachdem er sich in Rom Vollmacht zur Pre- 
digt geholt, im Jahre 686 nach Würzburg zurückgekehrt sei und 
den Herzog Gozbert getanft habe; als er aber von diesem 
forderte, daß er als Christ der Ehe mit Geilana, seines Bru- 
ders Wittwe, entsagen solle, babe die neue Herodias ihm und 
zweien seiner Begleiter das Schicksal Johannes' des Täufers 
bereitet. Sicher ist nur, daß Kilian gegen Ende des 7. Jahr- 
hunderts bei der Predigt des Evangeliums in der Nähe 
von Würzburg den Märtyrertod gefunden hat. Ueber die Mi- 
rakel seines Leichnams hat man Gozberts eigenes Ende zu be- 
merken vergessen. Ihm folgt sein Sohn Hathan II., der dem 
Gegenden gesagt werden wird, führen wir vorläufig nächst Spittler 
(Commentationes societ. Gott. IX) Eichbhorn (in der Zeitschrift für 
geschichtliche Rechtswissenschaft, Bd. I, Heft 1 u. 2), Gaupp (über deutsche 
Städtegründung [Icna 1824|)), Neumann (im Hermces, Bd. 29. 30, 
S. 20 ff.) an. Sehr gründlich ist der Abschnitt dariülber in Sten- 
zels Deutschland unter den fränkischen Kaisern (Lpzg. 1827), Bd. 1, 
S. 170 flf. 
) Annales Mettenses in Pertz, Monumenta German. bist. I. 
(Hannover 1826), p. 317 ad a. 687. 
3) Rettberg, Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. II. S. 299 ssf.
	        
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