Bonifacius. 13
Stande war. Rettung aus diesem tiefen Verfalle sah Boni-
facins nur in Einem: in der Unterordnung der germanischen
dirche unter die streng gegliederte und zu festen Formen aus-
gebildete Hierarchie der römischen Kirche. Hierin und nicht in
der ersten Verkündigung des Christenthums auf deutschem Bo-
den liegt das Bedeutsame seiner Wirksamkeit 1). Je unüber-
steiglichere Hindernisse er aber für Durchführung seiner refor-
matorischen Ideen an dem Widerstreben des austrasischen Clerus
und dem unkirchlichen Sinne Karl Martells fand, mit desto
größerem Eifer widmete er sich der Bekehrung der Heiden in
Mitteldeutschland und der Befestigung des Gewonnenen durch
Anschluß an Rom. Dort, beim Papste, der einzigen damaligen
Autorität in Glaubens= und Kirchensachen, holte er sich darum
die Bekräftigung und die Vollmacht seiner Sendung. Er konnte
nicht anders thun, da er eine dreifache, soust unerreichbare Auf-
gabe vor sich hatte. Es galt theils der Predigt des Christen-
thums für Nichtchristen, theils der Verbesserung einer schon
vorhaudenen, nach seinen Begriffen falschen Lehre, theils endlich
der Befestigung des Glanbens durch kirchliche Anstalten, vor
allem durch Bislthümer, damit den Besitz nicht bloß des Schwer-
tes Kuopf, sondern auch der Kirche Siegel befestige. Aller-
diungs ist nicht in Abrede zu stellen, daß seine Anstrengungen
kaum von dauerndem Erfolge gewesen sein würden, hätten nicht
eben damals die Franken ihre Herrschaft über die mittleren
Striche Deutschlands von Neuem begründet; daß ihn aber die
karolingischen Majordomen als Werkzeug ihrer Politik gegen
die östlichen Stämme bennutzt hätten, daß ihm von ihrer Seite
irgendwelche wirksame Unterstützung zu Theil geworden wäre,
ist nicht erweislich. Wie wenig hatte doch der Schutzbrief zu
bedeuten, den ihm Karl Martell auf seiner zweiten Reise mit-
gab! Auch Pipins Ziele lagen von denen des für seine kirch-
lichen Zwecke begeisterten Glaubensboten zu weit ab, als daß sich
Beide hätten näher treten können, und nur während Karlmams
1) Die Beurtheilung des Bonisacins und seines Wirlens hat bei den
verschicbenen Schriftstellern lange je nach der kirchlichen Zeitstimmung ge-
schwankt. Eingehend und mit gesunder Kritik würdigt ihn Rettberg
a. a. O., Bd. I. S. 330—418; Bd. II, S. 307 ff.