Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Städte. Handel und Gewerbe. 281 
patricischen Rathsherren sich Brutalitäten gegen gemeine Bürger 
cerlaubten, als, was wohl schwerer ins Gewicht fällt, in dem 
Kriege gegen Friedrich den Freudigen die Gemeinde durch Kriegs- 
steuern gedrückt wurde, während ihre tapfere Betheiligung am 
Kriege ihr Selbstgefühl gesteigert hatte, brach eine heftige Volks- 
bewegung gegen die Alleinherrschaft der rathsfähigen Geschlechter 
los, durch welche diese für immer gestürzt wurde. Dafür wurde 
1310 bestimmt, daß statt zwei Nathsmeistern künftig alljährlich vier 
erwählt werden sollten und neben ihnen Vierherren, nämlich 
drei von der Gemeinde oder den Biereigen (der erbgesessenen 
Bürgerschaft) und einer von den Handwerkern als Vertreter 
der Gemeinde, und daß diese Vierherren an der Decke oder an 
der Säule, so vor der Rathsstube stehet, sitzen sollen, weshalb 
sie auch Deckenherren genannt wurden. 1) Auch in Nordhausen 
kam es 1324 zwischen den Zünften und dem Rathe zu blutigen 
Irrungen und Zwisten. In Eisenach wurden Vierherren erst 
1384 eingesetzt. Auch benachbarte Herren und Ritter ließen 
sich als Ausbürger aufnehmen und empfingen von dem Stadt- 
rathe gegen Zusicherung bewaffneter Kriegshilfe Burglehen. 
Besonders waren es der Handel und die Gewerbe, 
welche Leben und Kraft in die Städte brachten, daher die Ver- 
leihung des Marktrechts überall der Ausgangspunkt ist für das 
Aufblühen eines Ortes. Wo der Verkehr sich kräftiger ent- 
faltete, suchte man, und meist mit Erfolg, sich der vielen lästigen 
Zölle zu entledigen. Leipzigs gestiegener Verkehr ergiebt sich 
aus dem Freiheits= und Geleits-Briefe, durch welchen Dietrich 
von Landsberg 1268 den dahin handeluden fremden Kaufleuten 
Schutz und Sicherheit auch für den Fall zusicherte, wenn ihr 
Landesherr mit ihm in Krieg begriffen sein sollte. Außer den 
ersten und wichtigsten Handwerkern wie Bäckern, Fleischern und 
Schuhmachern kommen in Meißen auch bereits Gold= und 
Silber-Arbeiter zum Vorschein. Freiberg war die größte meiß- 
nische Stadt, Dresden damals noch kleiner als Zwickau, in 
Thüringen hob sich Eisenach sehr und von Erfurts reger Ge- 
werbthätigkeit entwirft Nikolaus von Bibra eine lebensvolle 
1) Gudenus, list. Erlurtensis (1675), p. 80 —88. Michelsen, 
Die Nathsverfassung von Erfurt im Mittelalter (1805).
	        
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