840 Inneres 1324—1423.
Erbherren der Stadt waren und in derselben ohngefähr die-
selben Hoheitsrechte übten, welche die thüringischen Grafen und
Dynasten in ihren Graf= und Herrschaften besaßen. Aber durch
Umfang, Bürgerzahl, Wohlhabenheit, Geld, Trotz und AList
war Erfurt zu manchem Vorrechte gekommen, welches zwischen
ihr und dem Landes= und dem Erb-Herrn fortwährende Strei-
tigkeiten herbeiführte; vorzüglich benutzte sie Einen gegen den
Andern und erweiterte ihr Gebiet durch eine Menge Käufe
und Verträge, z. B. mit der Herrschaft Mühlberg, dem Amt
Vargula, Azmannsdorf, Tonnvorf, Rudelstädt, Sömmerda, der
Grafschaft an der schmalen Gera, Kapellendorf u. s. w., so
daß an Größe des Gebiets außer Nüruberg und Ulm sich keine
deutsche Stadt mit der „Friedensstadt“ messen konnte, ein
Ehrenname, den sie sich durch ihren Eifer um Aufrechthaltung
des Landfriedens in Thüringen envorben hatte. Auf die
Trümmer mancher zerstörten Raubburg wurde Waidsamen, das
Symbol der erfurter Industrie, gestreut, zum Zelchen, daß sie
durch Erfurt gebrochen worden 1). Wie zahlreich die Bevölkerung
gewesen sein muß, ersieht man aus der Zahl der Opfer, welche
die mehrmals wiederkehrende Pest hier fand, indem einmal
12,000, später wieder 20,000 Menschen ums Leben kamen.
Bei der Judenverfolgung (für welche man dem Erzbischof
Gerlach von Mainz Sühn= und Entschädigungs-Gelder geben
mußte) kamen angeblich 6000 dieses Glaubens um. Der geist-
liche Statthalter des Erzbischofs war der Weihlischof (seit
1252), der weltliche der Vizthum (vicedominus), dessen Amt
in der davon benannten Familie der Vizthume erblich geworden
sein soll, bis sie ihr Amt 1354 dem Erzbischof Gerlach ver-
kauften. Später vergab es ein anderer Kmfürst 1413 an
Johann von Allenblumen. Erfurt hatte eine außerordentliche
Menge von Stiften und Klöstern, deren Gebäude einen guten
Theil der Stadt einnahmen; man zählte daselbst zwölf ver-
schiedene Orden, acht männliche, vier weibliche. Außer dem
hohen Marienstifte, dessen Domkirche mit der Freitreppe unge-
heure Summen zu erbauen kostete, war das Severusstift,
dessen Kirche an Pracht mit jener wetteiferte, das reichste ).
1) Falkenstein, Hist. Erffurt. (1739) I, 160.
2) Nerreichnist derselben hei Johaun Heinrich bo#n Folkenstein